Cockpit der Zukunft - mal allgemeiner

Ingenieur

Mitglied
Hallo miteinander,

Wir führen gerade im Kollegenkreis eine Diskussion darüber, ob nicht das Cockpit der Zukunft ganz anders aussehen sollte als heute. Hintergrund ist eine Aussage von Piloten, das viele der Funktionen im Cockpit nicht genutzt werden, weil:
- Die Funktionen nicht benötigt werden
- Die Funktionen zu komplex zu bedienen sind
- Die Funktionen gar nicht bekannt sind
- ...

Meine erste Frage an euch Piloten wäre, ob Ihr euch dieser Aussage anschließen könnt.

1) Gibt es Funktionen im Cockpit die Ihr nicht benutzt?
2) Was sind die Ursachen hierfür, ist die Bedienung gewisser Funktionen nicht hinreichend bekannt, ist die Bedienung zu komplex, werden sie zu selten genutzt?
3) Wie sollte sich das Cockpit denn in der Zukunft ändern?
- Reduktion auf die elementaren Funktionen - was könnte man weglassen?
- Leichtere Bedienung von Funktionen, z.B. durch Sprachkommandos oder Bedienung per Touchscreen (Siehe Garmin G3000 http://www.youtube.com/watch?v=93eVcJ3UHDk&feature=related )
- Bestimmte Funktionen nur in den zugehörigen Flugphasen verfügbar machen?
- Die Automatisierung im Cockpit erhöhen?
- Alles beibehalten und das Training verbessern ?

Ich warte gespannt auf Eure Kommentare und Meinungen.

Beste Grüße,

Andreas
 
Ich bin kein Pilot, aber, ich denke, dass alles im Cockpit seinen Zweck hat. Dass man manche Sachen nie nutzt hängt vielleicht damit zusammen, dass man sie in Alltagssituationen, wenn alles klappt nicht benötigt.
 
Wir führen gerade im Kollegenkreis eine Diskussion darüber...

Kleiner Seitenhieb: Ihr scheint ja ganz schön viel zu diskutieren - arbeitet Ihr auch mal was? Ausserdem dachte ich doch, das Flugzeug der Zukunft ist ein UAV? ;) Sorry, musste gerade sein ...

Hintergrund ist eine Aussage von Piloten, das viele der Funktionen im Cockpit nicht genutzt werden, weil:
- Die Funktionen nicht benötigt werden
- Die Funktionen zu komplex zu bedienen sind
- Die Funktionen gar nicht bekannt sind

Nun mag es eine Zeit (so vor etwa 20-25 Jahren) gegeben haben, in der ein Pilot nach Verabreichung des 'Airbus-Standard-Minimal-Typeratings' ziemlich genau diesen Standpunkt vertreten hat, mit Ausnahme des Punktes Komplexität, denn genau diese wurde ja von Airbus negiert:

'This is the best Aeroplane in the world, everything is fully automatic, just püsh the bütton and the aircraft takes fully control of everything.'

Etliche Jahre und hunderte Tote später kommt aber auch AI nocht umhin zuzugeben, dass man um einem FBW-Airbus in allen Situationen sicher bedienen zu können eber über deutlich tiefergehende System- und Bedienungskenntnisse verfügen muss, als bei einem 100% konventionellen und mechanischen Flieger.

Es gibt sicherlich in jedem modernen Flieger auch einige spezielle 'High-End-Anwendungen', die auf der Linie quasi nie benutzt werden und somit idR nur theoretisch bekannt sind. Solltest Du jedoch einen aktiv fliegenden Verkehrs-Piloten aus einer zivilisierten Region dieser Erde kennen, der - überspitzt formuliert - meint er kenne die eine Hälfte der Features seines Arbeitsgerätes nicht und die andere kann er nicht bedienen, dann sag mir bitte welche Airline damit ich diese auf meine persönliche Black-List setzen kann. Das ist für mich unvorstellbar und absoluter B.S. Also: Wer sagt das?

Der Punkt Mensch-Maschine-Schnittstelle hingegen ist dermassen komplex, dass dies wohl den Rahmen des MUC-Forums leicht sprengen würden und dass sich daran noch ganze Generationen von Wissenschaftlern die Zähne ausbeissen werden. Jede ernstzunehmende Forschungseinrichtung hat sicherlich Zugriff auf Simulatoren o.ä. um sich selbst ein Bild zu verschaffen.

Gruß MAX
 
...
1) Gibt es Funktionen im Cockpit die Ihr nicht benutzt?
2) Was sind die Ursachen hierfür, ist die Bedienung gewisser Funktionen nicht hinreichend bekannt, ist die Bedienung zu komplex, werden sie zu selten genutzt?
...
Ich bin kein Pilot, aber gerade deshalb hier noch ein anderer Aspekt:
zu 1)
- es gibt Funktionen die von der Crew (normalerweise) nicht benutzt werden.

zu 2)
- weil sie nicht für die Crew sind.

Beispiel:
 
Die Frage war übrigens durchaus ernst gemeint...

Gruß MAX

Die Aussage kam aus dem militärischen Umfeld. Evtl. sind dort die Bedingungen auch ein wenig anders, weil natürlich andere und evtl. auch mehr Systeme zu bedienen sind. Insbesondere in Phasen hoher Belastung besteht dann die Möglichkeit Ein teil der verfügbaren Funktionen nicht mehr richtig genutzt werden (können).
Allerdings habe ich auch schon von (ebenfalls militärischen) Testpiloten gehört, das ein durchschnittlicher Pilot, der gerade sein Airbus Type Rating gemacht hat, auch noch kein vollständiges Verständnis der Flugzeugsysteme hat.
Von ziviler Seite habe ich keine solchen Meinungen gehört, obwohl ich beispielsweise glaube, das viele Privatpiloten ihre neusten elektronischen Helfer nicht wirklich beherrschen. Es gibt also keinen Grund gewisse Airlines zu meiden.

Grundsätzlich schließe ich mich persönlich auch eher Deiner Meinung an. Ich denke das Cockpit wie wir es heute vorfinden ist das Ergebnis von über 100 Jahren Evolution, die vielfach mit Menschenleben bezahlt wurde. Die Funktionen die wir dort vorfinden haben sicher ihre Berechtigung und sind auch wichtig.

..muss jetzt erst mal weiterdiskutieren gehen, ich melde mich später noch mal;)

Grüße,

Andreas
 
Allerdings habe ich auch schon von (ebenfalls militärischen) Testpiloten gehört, das ein durchschnittlicher Pilot, der gerade sein Airbus Type Rating gemacht hat, auch noch kein vollständiges Verständnis der Flugzeugsysteme hat.
Toll! Militärische Testpiloten wissen ganz genau, welche Systemkenntnisse ein "durchschnittlicher Pilot" nach seinem Airbus Type-Rating hat.
Falls Du und Deine befreundeten "Berufshelden" mal wirklich was wissen wollt, bitte gerne wieder fragen!
Allerdings: Um Vorurteile zu bedienen/auszuräumen ist zumindest mir persönlich meine Zeit zu schade - und zwar schon für's Lesen solcher Fragen!

Leicht angefressen, aber trotzdem
Viele Grüße
Tschikago
 
Kollegen, nicht gleich so angefressen.

Zumindest der Behauptung das ein "durchnittlicher Airbus Pilot, kurz nach seinem Typerating noch nicht die 100%iges Systemverständniss in ALLEN Bereichen hat" kann ich für meinen Teil nicht ganz von der Hand weisen.

Ich fliege zwar keinen Airbus aber zumindest einen modernen, Full Glas Cockpit Flieger.
Und wenn ich ehrlich bin so kann ich ganz sicher nicht von mir behaupten direkt nach dem Rating bereits jede Systemlogik 100%ig verstanden zu haben.
Vieles hat erst in den ersten Wochen der SV wirklich "Klick" gemacht.

Ich finde so ehrlich darf man ruhig sein...
 
Die Masse an Wissen, welche innerhalb eines Typeratings vermittelt wird, ist so extrem, dass sicherlich JEDER etwas davon in weiter unten angeordnete Schubladen räumen muss, um überhaupt klar zu kommen.

Die Ausgangs-Behauptung war aber:

- Die Funktionen zu komplex zu bedienen sind
- Die Funktionen gar nicht bekannt sind

Das ist dann für mich doch eine etwas andere 'Hausnummer'.

Nachdem das ganze jetzt aber irgendwo wahlweise auf Testpiloten und Privatpiloten-Niveau schwebt, verabschiede ich mich vorerst aus diesem Thread.

Der Threadstarter ist aber sicher mit dem GIGO-Konzept vertraut und sollte auf der Suche nach sinnvollen Antworten solche Infos künftig bitte mitliefern.

Gruß MAX
 
Ich denke ein entscheidender Faktor ist doch der wirtschaftliche Nutzen. Unter der Annahme, dass auch weiterhin zwei Piloten im Cockpit sitzen, lassen sich durch noch mehr Technik ja trotzdem keine Personalkosten sparen. Zusätzliche Technik könnte tendenziell sogar eher höhere Kosten verursachen, z.B. bei Anschaffung, Wartung und Schulung.
Sofern die neue Technik also nicht an anderer Stelle Kosten spart (z.B. HUGS für CATIIIb?) wird sie sich meiner Meinung nach wohl nur langsam durchsetzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Erst mal vielen Dank an alle, die trotzt der von mir zu verallgemeinerter Fragestellung Beiträge geliefert haben. gerade bei meiner Arbeit, wo ich auch in die Zukunft schauen soll oder auch darf, ist es für mich wichtig und interessant die Standpunkte von euch, den professionellen Piloten kennenzulernen.
Ich habe daraus gelernt:

1) Das Aussagen einzelner, in diesem Fall zu der Nicht-Nutzbarkeit einzelner Cockpitfunktionen (Die Aussagen entstanden übrigens im Gespräch mit mil. Hubschrauberpiloten, die auf den neueren Mustern fliegen) als auch Aussagen über Systemkenntnisse nach der Ausbildung (Type Rating Airbus) nicht verallgemeinert werden dürfen und kritisch zu hinterfragen sind. - Was ich sicher machen werden und wozu diese Diskussion hier natürlich auch beiträgt.

2) Das Ihr mit den aktuellen Funktionen im Cockpit und deren Bedienung kein Problem habt - wobei das 100% Verständnis der Systemfunktionen sich früher oder auch ein wenig später einstellt

3) Das es duchaus die ein oder andere "High-End-Anwendung" gibt, die selten genutzt wird, was aber nicht bedeutet, das sie nicht bekannt wäre oder nicht bedient werden könnte

4) Ich lernen muss, meine Fragen hier etwas präziser zu stellen:blush:

Ich denke aber die folgende Aussage von MAX ist ganz wichtig:
Etliche Jahre und hunderte Tote später kommt aber auch AI nocht umhin zuzugeben, dass man um einem FBW-Airbus in allen Situationen sicher bedienen zu können eber über deutlich tiefergehende System- und Bedienungskenntnisse verfügen muss, als bei einem 100% konventionellen und mechanischen Flieger.
Etwas, was sicher nicht nur für Airbus, sondern - ich verallgemeiner mal wieder - für alle komplexen Flugzeuge gilt. Wenn ich mal annehme, das der Trend zu immer mehr Software im Flugzeug geht, wird es nicht immer schwerer das erforderliche Systemverständnis und die Bedienungskenntnisse zu erwerben?

Mal anders formuliert, gibt's Bedienungen - z.B. beim FMS - wo ihr euch eine einfachere Bedienung wünschen würdet?

Andreas
 
Hallo Andreas,

danke dafür, dass Du die Kritik/Vorschläge offen aufnimmst, so bin ich gerne bereit weiter mit zu diskutieren.

Mal anders formuliert, gibt's Bedienungen - z.B. beim FMS - wo ihr euch eine einfachere Bedienung wünschen würdet?

Das Problem liegt mE nicht im 'FMS', das ja nur eine der Schnittstellen des Fliegers darstellt.

Viel problematischer ist die hochgradige Vernetzung der verschiedensten Flugzeug-Systeme, welche noch dazu oftmals schwer durchschaubar und miserabel dokumentiert ist.

Desweiteren ist die Frequenz, mit der Updates zB für die FMS-Software released werden immer höher geworden, somit steht immer weniger Zeit für Tests zur Verfügung. Inzwischen geht der Trend sogar zu sog. 'In-Service-Evaluations', m.E. eine Umschreibung für einen erweiterten Beta-Test.

Das ganze führt dann dazu, dass beim Betrieb einer Flugzeugfamilie bestehend aus 100 Stück unterteilt in 3 Muster (A319/320/321) hat, welche mit 2 verschiedenen Motortypen (und 5 Varianten) ausgestattet sind sowie erhebliche Equipment-Unterschiede aufweisen (die den techn. Vortschritt der letzten 20 Jahre wiederspieglen) dass dann einfach schon ohne 'komplizierte Features' genug Raum für Confusion entsteht.

Gruß MAX
 
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