Sooo...
Absolut Offtopic, lange habe ich jetzt hier mit mir gerungen, mich einzuschalten.
Kurze Hintergrund-Info zu mir: Ich selbst bin aktiver Klimaforscher- und Modellierer.
Ich persönlich sehe diese Gruppe, die sich letzte Generation nennt, und insbesondere deren Handlungen als mehr als kritisch.
Zuerst aber mal das Positive: Durch die mediale Berichterstattung wird das Thema auf die Probleme, die durch Klimawandel entstehen, gelenkt.
Das an sich ist gut! Der Klimawandel ist Fakt, ud wir müssen auch etwas dagegen tun.
Was wir tun, ist aber Vielfältig - und nicht, wie es uns die Letzte Generation weiß machen will, dass man nur durch einen Rückfall in die Steinzeit (überspitzt ausgedrückt) den Klimawandel aufhalten kann.
Nein, wir müssen da über mehrere Punkte nachdenken:
1. Adaption: Wir müssen lernen, damit zu leben! Oftmals heißt es, die Erde hält die CO2-Emissionen nicht aus - das ist falsch. Die Erde wird den Klimawandel aushalten. Es wird zwar einiges an Biodiversität verloren gehen, aber wohl auch Neues entstehen.
Wir haben aber ein anderes Problem: WIR (die Menschheit) halten den Klimawandel nicht aus. UNS wird es zu heiß auf der Erde, WIR werden Probleme mit Wasserverteilung bekommen, WIR werden die Kriege um Wasser und Nahrungsmittel (insbesondere in Afrika) führen. Gleichzeitig müssen wir uns an Extremereignisse gewöhnen und Schutzvorkehrungen treffen.
Und wir in Deutschland sind hier extrem ins Hintertreffen geraten. Trinkwasserbrunnen, Räume zum Abkühlen, bessere medizinische Versorgung, insbesondere auch angepasst auf Hitzeprobleme, Hochwasserschutz, verbesserte Regenableitsysteme, Flutpolder - ich könnte ewig hier weitermachen. Viele Länder sind hier viel weiter!
2. Mitigation: Wir müssen natürlich auch versuchen, den Klimawandel abzuschwächen!
Das geht natürlich mit der Energiewende auf erneuerbare Energien (und andere Länder - ja, auch viele Entwicklungs- und Schwellenländer - sind uns da schon ganz weit voraus!), mit der Verkehrswende (auch hier sind uns viele Länder weit voraus!), und natürlich auch mit einer Reduktion des Luftverkehrs.
Beispielsweise ein Modell wie in Frankreich: Verbot aller Inlandsflüge, wenn es eine Bahnverbindung gibt, die die gleiche Strecke in weniger als 2,5 Stunden schafft - ach nein, bei unserer Bahn müsste man da doch eigentlich noch zusätzliche Flughafen bauen, um die 2,5 Stunden bundesweit einhalten zu können...
Hier ist aber insbesondere unsere Politik am Zug - die Politik muss dafür Sorgen, dass die Bahnstrecken ausgebaut werden, dass die Stromtrassen verbessert werden, um auch alle E-Autos laden zu können.
Und hier sind wir bei einem ganz besonderen "Problem": Unser Gesetz, das die Mitsprache von jedem Erlaubt. - Nicht falsch verstehen, das ist ja eigentlich was Gutes! Gleichzeitig werden aber dadurch alle Bauvorhaben, die sowohl zur Mitigation und Adaption beitragen, extrem verlangsamt und damit auch verteuert! Beispiele wären der Brenner Nordzulauf, Südlink, der Windpark bei Mehring...
3. CCS-Technologie: Wir müssen die Forschung in die Technologie zur Abscheidung und Einlagerung von Kohlenstoff beschleunigen. Um den Klimawandel auf das Beliebte 2,5 K-Ziel zu begrenzen, muss mittlerweile Kohlenstoff aus der Atmosphäre entnommen werden. Anders geht es nicht. Hier sind aber auch die Auflagen für die Versuchsanlagen so hoch, dass die Kosten unermesslich sind.
Und jetzt mal ein Stückchen zurück...
Ja, wir müssen, wie von der Letzten Generation gefordert, die CO2-Emissionen zurückfahren.
Wie die Letzte Generation das aber durchsetzen will, finde ich absolut falsch.
Nicht nur weil es einfach Rechtsverstöße sind - die konsequent und hart bestraft werden müssen.
Ob es jetzt Rechtsverstöße von Rechts-/Links-Extremisten, Drogen-, Diebstahl- oder sonstigen Kriminellen oder Klimaaktivisten sind, muss egal sein.
Aber - und das wurde hier schon genannt - das Hauptproblem im Sinne vom Klimaschutz sehe ich darin:
Wenn die "Mitte der Bevölkerung" (sowohl Finanziell als auch Politisch als auch Demographisch) durch die "Aktionen" behindert werden - sei es im Straßenverkehr auf dem Weg zur Arbeit oder im Flugzeug auf dem Weg zum lange zusammengesparten, jährlichen Familienurlaub, wie es hier jetzt am Pfingstsamstag mit Sicherheit der Fall war - schwindet der Rüchhalt in der Bevölkerung. Und niemand kann mir erzählen, dass die Klimakleber es NICHT auf genau diese Familien abgesehen hätten!
Genauso ist es übrigens auch mit der CO2-Steuer, die angeblich zurückgezahlt werden sollte, mittlerweile aber in einem Fass ohne Boden gelandet ist.
Und ja, dieses stark schwindenden Rückhalt für den Klimaschutz (der übrigens auch oft mit Umweltschutz gleichgesetzt wird. Es hängt zwar natürlich zusammen, ist aber nicht genau das selbe), das merkt man tatsächlich.
Sei es im Kleinen... "Ach, du bist Klimaforscher... So ein Letzter-Generationen-Arsch..." als auch im Großen, wo (Achtung, subjektive These von mir!) die AfD Zuwächse noch und nöcher verzeichnen kann.
Übrigens, ein weiterer wichtiger Faktor, der nahezu immer vernachlässigt wird (oft auch absichtlich), ist der nach wie vor gegebene Stadt-Land-Unterschied.
In der Stadt - nehmen wir München - ist es kein großes Problem, auf das Auto (zumindest großteils) zu verzichten. S-Bahn, U-Bahn, Bus, Tram, Fahrrad - kein Problem damit in München zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen. Oder Einzukaufen. Oder zum Arzt zu kommen.
Auf dem Land dagegen, wo der nächste Bahnhof 20 km entfernt ist, an dem alle 2 Stunden ein Zug hält, wo der nächste Supermarkt 10 Kilometer, der nächste Hausarzt 20, der nächste Facharzt 30 km entfernt ist, und die Arbeitsstätte weder einen Bahnhof, noch eine Busanbindung hat; wo keine Gasleitung liegt, wo baulich Bedingt eine Wärmepumpe nur durch immensen Einsatz von Kapital möglich ist - da sieht es ganz, ganz anders aus.
Hier wären angepasste Lösungen notwendig, wo nicht alles über einen Kamm geschert werden darf.
Und hier wird tatsächlich auch eine Ungleichheit durch die Politik gefördert - das 49 € Ticket gilt nämlich nicht für Benzin, auf das noch der CO2-Preis draufgeschlagen wird. Übrigens auch nicht für Ladestrom für das E-Auto. (Das 49 € Ticket finde ich aber übrigens gut!)
Gerade durch solcherlei Aktionen - sei es durch Politik, durch Letzte-Generation - wird auch der gesellschaftliche (mittlerweile eh schon mangelnde) Zusammenhalt geschädigt, wodurch das (gesellschaftliche) Klima natürlich auch wieder rauher wird.
Und die "Holzhammermethode", die einige Fordern (sowohl Letzte Generation, als auch einige der Grünen), ist ganz sicher keine Angepasste Lösung. Im Gegenteil, es wäre eine Lösung, die wohl 90 % der Bevölkerung außen vor lassen würde.
Auch hier sind viele Länder viel weiter - Norwegen, Estland, Costa Rica, teilweise sogar Äthiopien oder Zimbabwe.
Ach so, und wenn ich schonmal beim Thema bin:
Wenn jemand für Umwelt- und Klimaschutz ist, heißt das noch lange nicht, dass er so handelt. "Windpark? Super! Aber bitte nicht vor meiner Haustüre."
Also, langer Text, kurzes Fazit:
- Die Aktionen der Letzten Generation sehe ich kritisch
- Klimaschutz JA, aber lasst den Leuten doch auch noch einen Urlaub und ein bisschen Spaß im Leben!
- Hauptsächlich in der Pflicht: Die Politik, die einen Mittelweg zwischen effektiven Klimaschutz, zügiger Umsetzung und "sozialer Verträglichkeit" (wie diese Worthülse immer heißt) finden muss
So, ich glaube, jetzt kann das ganze endgültig in einen eigenen Thread.
EDIT:
@alex: Sorry hab deinen Post gerade erst gesehen, ich weiß, Offtopic, musste ich jetzt aber nochmal los werden.