Luftverkehrspolitik

Zunächst ist das ja stadard operating procedure, von bilateralen auf EU-weite Abkommen mit Drittstaaten umzusteigen. Neu ist nur, dass am anderen Ende auch in einem Fall ein Staatenbund (ASEAN) verhandelt statt eines einzelnen Staates.


Diese jetzt zu verhandelnden Open skies werden wohl kommen; weltweiter Freihandel ist auch bei Dienstleistungen im Trend – das heute (27.5.16) zuende gegangene G-7-Treffen endete mit der Absichtserklärung, Handelsabkommen voranzubringen.
Auch werden Luftverkehrsabkommen nicht in luftleeren Räumen abgeschlossen, sondern z. B. im Verhältnis zu den VAE vor dem Hintergrund eines allgemeinen Handelsüberschusses seitens der EU, wogegen die VAE vorbringen könne, mittels open skies das etwas ausgleichen zu können.

Der sprichwörtliche LH-Hausabgeordnete kann hier mMn nicht wesentlich intervenieren.


So sehe ich diese Entwicklung als einen lauten und deutlichen Weckruf an LH (und auch AF).
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Kürzlich hat die US-Verkehrsbehörde einer der unter dem gemeinsamen Handelsnamen „Norwegian“ firmierende Luftverkehrsgesellschaften die Lizenz erteilt, nach zwei Jahren lobbybedingter Verspätung. Hierbei ist wohl festgestellt worden, dass der im EU-US-Openskies-Abkommen vorhandene Passus zum nicht gegeseitigen Unterleufen der Sozialstandards kein ausreichender Ablehnungsgrund für den Antrag darstellte.
Norwegian-Langstrecke soll dem in der Handelsschiffahrt lange üblichen Billigflaggen-Modell nacheifern: thailändische Crew, von Singapurer Personalagenturen vermittelt, zu thailändischen Löhnen, wird die aufzunehmenden Strecken wie Irland-USA bereedern.



Wenn das unter einem Opensskies-Abkommen zwischen den größten und (auch sozialstaatlich wie z B Abeitnehmerrechte gewährenden) entwickeltsten Wirtschaftblöcken möglich ist, wird ein besonderes Augenmerk auf Sozialstandards in den jetzt zur Verhandlung stehenden Abkommen auch schwerlich von der EU durchgesetzt werden können.



Das öffnet der in der Seefahrt üblichen Lohndrückerei auch in der Luft Tür und Tor; europäische Airlines, die gewisse soziale Standards nicht unterbieten können/wollen, können nicht, wie die deutsche Schiffahrt zu deren Überlebenssicherung, Millionensubventionen bekommen, weil genau das ja die hier verhandelnde EU auch schon untersagt hat.
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Dass die Airlines aus den VAE, Qatar und der Türkei expandierende Lowcoster sind (Lohnkosten, im Golf auch Steuerfreiheit), ist hinreichend bekannt, die ganze Bandbreite der Debatten über diese Airlines, über ein Jahrzehnt alt, wird im Zuge dieser Verhandlungen sicher noch xmal wiedergekäut.
Im ASEAN-Raum hat sich indes mit Air Asia aber auch schon ein in vielen Ländern (noch?) unter jeweils länderspezifischen Zulassung, aber mit einer Marke auftretender Player etabliert, der sich auf der Langstrecke mit der Untermarke Air Asia X bisweilen nach Korea, Japan und Australien warmläuft, aber bei Open Skies mit der EU sich erneut nach Europa wagen dürfte (wenn nicht die Gulfies und Turkish mit ihren Abkommen diesen Markt zuerst komplett aufrollen).


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Eine sich selbst als Premiumcarrier verstehende Airline kann im Kernsegment nicht wachsen und gründet aus einer gewissen Hilflosigkeit der Entwicklungen am Markt gegenüber eine Mehrzahl an hauseigenen Lowcostern, die jetzt schon wieder zusammengelegt werden sollen, und von denen allein Wachstum ausgehen soll...wer ist das? Nicht (nur) die Lufthansa mit Jump, EW, 4U, ggf. SN, EW-Austria, nein, diese Zusammenfassung passt ebenso auf SQ: Tigerair, Scoot, Nokscoot … wenn möglich soll dass jetzt alles unter ein Management kommen.
SQ ist im Auge des Sturms des von Lowcostern eroberten ASEAN-Raumes; LH desgleichen in der EU. Beiden schlüpfen mit ihren Kernmarken jetzt unter den Schirm eines JV; wird das in der Open-Skies-Welt ihr Überleben sichern?


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Freierer Handel, auch in Dienstleistungen, soll Länder dazu bringen, sich mit ihren jeweils besten Kompetenzen auf dem Weltmarkt einzubringen und dadurch für alle den Wohlstand heben. Auch über diese Idee gibt es sehr viele Auseinandersetungen in Wissenschaft und Politik, aber festzuhalten bleibt auf jeden Fall, dass Fluggäste weltweit im gleichen Maße vor allem eine alles überragende Kompetenz von Airlines nachfragen, nämlich Beförderung von A nach B preisgünstig durchführen zu können.
Open-Skies-Abkommen reißen nur verstärkt einen vielleicht noch vorhandenen Schleier von Schutz für diejenigen Airlines weg, die durch die gesellschaftliche Ordnung in ihren Heimatländern gehandicapt sind, radikal preisgünstig Luftverkehr zu produzieren. Vielleicht sollten sie es gleich ganz Billiglohn- / steuerfreien Ländern überlassen?
Schuhe kamen mal aus Pirmasens, jetzt eher aus Vietnam. Lederwaren kamen mal aus Offenbach, jetzt eher nicht mehr...Computer kamen mal aus Paderborn (Nixdorf), jetzt eher aus China. Und in Deutschland ist die Arbeitslosigkeit noch immer vergleichweise gering.
Luftverkehr mit hohen Sicherheitsstandards und operativer Exzellenz kam erst einmal aus Europa, Luftverkehr kommt noch aus Europa...
Milch und Joghurt, Butter und Käse kamen aus Bayern, kommen aus Bayern, und werden aus Bayern kommen...vielleicht sollten MUC-Forumsmitglieder mit Kindern nicht die Liebe zur Luftfahrt mitgeben, sondern die Nähe zu Weihenstephan betonen...;)
 
Wobei man zu den Begriffen Direktflug und Linienflug sagen muß, daß es scheduled charter seit längerem in einer Regelmäßigkeit gibt, die einen Flug FLL-Santa Clara weit weniger spektakulär erscheinen lassen, wenn man sie im Lichte der praktisch täglichen Charter, etwa von American zwischen MIA und HAV, schon seit Fidels Zeiten beschrieben hätte.

Und ob die laut Spiegel "teuren Charterflüge" nach 1961 oder 1962 "kommerzielle Passagierflüge" waren oder nicht, daran sitzt das Fact-checking sicher noch. Oder waren mittwochs nachmittags nicht erreichbar, da beim Golf...
 
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Wobei man zu den Begriffen Direktflug und Linienflug sagen muß, daß es scheduled charter seit längerem in einer Regelmäßigkeit gibt, die einen Flug FLL-Santa Clara weit weniger spektakulär erscheinen lassen, wenn man sie im Lichte der praktisch täglichen Charter, etwa von American zwischen MIA und HAV, schon seit Fidels Zeiten beschrieben hätte.

Begegenen Sie doch dieser positiven Veränderung einfach mit einer gewissen nonchalance verehrter Machrihanish!
Ich weiß nur zu gut aus eigener Erfahrung wie kompliziert es war, nach Cuba zureisen.
 
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