Crosscheck

Boeing767

Mitglied
Hi@all,

stimmt das wirklich, dass bei 80mph ein Crosscheck durchgeführt wird und kann der Start abgebrochen werden, wenn der Check negativ ist?
 
Mal sehen, ob ich die Theorie noch richtig zusammen kriege...
Vor jedem Start von jedem Flugzeug, egal ob dieses einen oder 800 sitzplätze hat, muss der Pilot die sogenannte "Weight&Balance" (deutsch: Beladung und Schwerpunkt) -Berechnung machen. Abhängig vom Beladungszustand - vor allem das akutelle Gesamtgewicht ist hierbei wichtig - und verschiedenen Einflussfaktoren wie zB Temperatur, Luftdruck und Windkomponente wird die benötigte Startstrecke errechnet, also die Entfernung, die das Flugzeug am Boden zurücklegen wird, bis es abhebt.
Im gewerblichen Flugverkehr kommt nun noch die "Startabbruchstrecke" hinzu: Wieviele Meter legt das Flugzeug zurück, wenn man es bis zur Abhebegeschwindigkeit beschleunigt, und dann statt loszufliegen eine Vollbremsung hinlegt, und wieder anhält? Diese Strecke wird nun mit der zur Verfügung stehenden Startbahn verglichen (auf vielen Flughäfen darf nicht die gesamte Strecke vorhandener Asphalt von allen Flugzeugen benutzt werden, aber das führt jetzt zu weit). Wenn die Startbahn nicht lang genug für dieses Manöver ist, darf unter Umständen gar nicht erst gestartet werden. Da aber das Arbeiten mit Strecken in der Praxis zu kompliziert wäre (ein flugzeig hat ja keinen Kilometerzähler für die Reifen...), arbeitet man mit Geschwindigkeiten: v1 ist die Startabbruchgeschwindigkeit, auf englisch "critical engine failure speed" genannt. Der wohl wichtigste Grund, einen Start abzubrechen ist der Ausfall eines Motors noch während dem Startlauf, "Takeoff Run" genannt. Tritt während des Starts irgend ein Problem auf, noch bevor diese v1 erreicht ist, wird der Start unverzüglich abgebrochen. (v1 liegt bei grösseren Flugzeigen über 80 Knoten.)
Der sogenannte "crosscheck" bei 80 Knoten (der erste Pilot ruft laut "80", der zweite bestätigt mit "check" dient vor allem dazu, zu überprüfen ob die beiden Fahrtmesser gleich arbeiten.

ein Start läuft also in etwa so ab: Nach der Freigabe durch den Tower wird Gas gegeben, ein kurzer Blick über die Instrumente, kein Warnlicht/ton vorhanden, ein kurzes "ready?" an den Kollegen, unmittelbar danach "Go", und die Bremsen werden gelöst. Der "Pilot flying", PF kümmert sich ausschliesslich um den Start, und hat die Hand immer am Schubhebel, der zweite(Pilot nonflying, PNF) behält die Instrumente im Auge, ruft bei Erreichen von 80 Knoten (kann je nach flugzeugtyp auch eine andere GEschiwndigkeit, zB 60 sein) "80", erwartet die Antwort "check", dannach entweder "v1" oder schlicht "go". Gemeint ist in jedem Fall das Erreichen von v1. Ab jetzt ist Anhalten nicht mehr drin, weswegen der PF nun die Hand vom Schubhebel zum Steuerhorn (wenns noch kein Joystick ist) nimmt. Sollte irgendein Problem, ganz egal was, auftreten, bevor "v1" erreicht ist wird laut "STOP" gerufen, worauf der PF sofort die Schubhebel zurücknimmt, und in die Bremsen steigt, der Startversuch wird abgebrochen, und erstmal die Bahn freigemacht. Danach wird sich um das Problem gekümmert, von dem abhängt, was weiter unternommen wird.
Nach v1 wird der Start in jedem Fall durchgezogen. Bei bzw. kurz vor Erreichen der sicheren Abhebegeschwindigkeit, "v2" genannt wird "rotate" ausgerufen, der PF zieht am Steuerhorn, das Flugzeug hebt die Nade (rotiert also um die Hauptfahrwerksachse) und hebt kurz darauf sanft von der Piste ab. Kleinflugzeuge, die auf für ihre Grösse sehr langen Pisten starten, könnten kurz nach dem Abheben noch auf dem rest der Startbahn wieder landen. Ab einer gewissen flugzeuggrösse wird dies unmöglich. Darum wird vor dem Start, im sogeannten "Takeoff Briefing" genau geplant, welche Schritte unternommen werden, sollte es während der kritischen Startphase zu ernsthaften Schwierigkeiten kommen. Hier gibt es zu viele Möglichkeiten und Eventualitäten, um das kurz zu umschreiben...



Bestes Beispiel hierfür war der tragische Unfall der "Concorde". Das Flugzeug befand sich noch am Boden, als der Tower per Funk rief "Feuer, sie haben Feuer am Heck, Startabbruch!" Leider musste der PNF antworten "negativ, wir sind schon über v1", worauf der Tower die Concorde anwies,nach dem Abheben eine sofortige Umkehrkurve zurück zum Flughafen zu fliegen. Noch im ersten Steigen verlor die Concorde aber erheblich an Leistung, die eine Umkehr unmöglich machte. Die Piloten versuchten noch den benachbarten Flughafen "Le Bourget" zu erreichen - was keine volle 360-Grad Umdrehung benötigt hätte, und deswegen noch kürzer als die Rückkehr zum Startplatz gewesen wäre. Wie allgemein bekannt sein dürfte, hat es auch dazu nicht mehr gereicht...

[Edit] Orthografie
 
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hallo und willkommen im Forum.

Antwort: Jein...;)

Es variiert bei den diversen Airlines leicht aber normalerweise gibt's diesbezüglich den ersten Callout des Pilot-non-flying bei 80 Knoten.
Der Pilot-flying bestätigt mit seinem 'Checked' das die Speed bei ihm identisch angezeigt wird, aber noch viel wichtiger, es ist auch ein Bewusstseinscheck...
Kommt die Bestätigung nicht, wird der PNF nochmal bei 100 Knoten versuchen das 'checked' seines Kollegen zu hören.
Kommt immer noch nichts, wird selbst der Kopilot als PF Pilot-flying den Takeoff selbsttätig mit einem kurzen präzisen 'Stop' Ausruf abbrechen. Übrigens die einzigste authorisierte Abbruch Situation für ihn, denn ansonsten verbleibt die Entscheidung über einen RTO Rejected Takeoff immer beim Kapitän und auch nur er wird sie durchführen.

edit: habe grad gesehen das Cloakmaster es bereits sehr ausführlich erklärt hatte.
 
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Mucflyer: du kannst dafür besser aus der Praxis sprechen, da ich noch nie ein Flugzeug, welches 2 Mann Besatzung vorschreibt gesteuert habe...

Deswegen gleichmal eine Frage dazu: Wenn der Co als PNF nun den "80" Callout macht, und der Cpt antwortet nicht, und bei "100" wieder nicht - über nimmt dann der Co. das Steuer und bricht den Start ab?? Müsste er ja fast. Aber ich kann mir vorstellen, daß es doch so einiges an Mumm abverlangt, mal eben seinem Vorgesetzten das Steuer zu entreissen (bildlich gesprochen versteht sich, man hat ja sein eigenes Horn vor sich, und muss nicht quer rüberlangen...)
 
Mucflyer: du kannst dafür besser aus der Praxis sprechen, da ich noch nie ein Flugzeug, welches 2 Mann Besatzung vorschreibt gesteuert habe...

Deswegen gleichmal eine Frage dazu: Wenn der Co als PNF nun den "80" Callout macht, und der Cpt antwortet nicht, und bei "100" wieder nicht - über nimmt dann der Co. das Steuer und bricht den Start ab?? Müsste er ja fast. Aber ich kann mir vorstellen, daß es doch so einiges an Mumm abverlangt, mal eben seinem Vorgesetzten das Steuer zu entreissen (bildlich gesprochen versteht sich, man hat ja sein eigenes Horn vor sich, und muss nicht quer rüberlangen...)

ich flieg zwar nicht selber, habe mich aber für eine Recherche mit dem Thema beschäftigt...
Ja, wenn vom Cpt. keine Reaktion kommt wird der F/O mit einem deutlichen Ausruf 'I have Control' die Controls übernehmen und selbsttätig abbrechen. Auch wenn er sich vielleicht nicht ganz wohl dabei fühlt...;)
Habe es schon selbst im SIM in FRA miterlebt.
Ist übrigens ein Beispiel für gute Crewcoordination und wird eindeutig vorgeschrieben. Diskutiert wird hinterher...
 
Standardmäßig läuft das so ab:

Der "80" oder "100" Check stellt mehrere Dinge dar:

1. ist das ein sog. Incapacitation Check, d.h. wenn der PF nicht reagiert, wird etwa 20 kts später nochmals ein - in dem Fall- "100", bzw. "120" ausgerufen (natürlcih bei den entsprechenden Speeds), sollte da auch keine reaktion vom PF kommen, wird- egal wer PF ist (Cpt oder Fo) ein "STOP!" laut und deutlich ausgesprochen und der Start abgebrochen. (eine der zwei Situationen, wo der FO das auch darf- und muß, die andere wäre ein nicht fliegbares Flugzeug, wenn die Steuerflächen blockiert sind)

2. ist das auch nochmals ein Gate zwischen Low-Speed und High-Speed Regime.
Im Lowspeed-Bereich ist ein T/O- Abort eine recht unspektauläre Sache und recht harmlos.
Im High-Speed-Bereich sieht das schon aners aus.
Der Flieger hat dann soviel Energie abzubauen, die Bremsen werden extrem heiß, da ohne Verzögerung mit voller "Wucht" gebremst wird, und es kann sogar zur Feuerentwirklung dadurch kommen.
D.h. man bricht nur wegen schwerwiegenden Fehlern ab, z.B. Triebwerksausfall, oder man sagt: für alle roten Warnungen.
Wohingegen man im Low-Speed-Bereich auf für gelbe Warnungen abbricht und ein T/O-Abbruch wesentlich weniger Adrenalin freisetzt als im High-Speed-Bereich.
 
@flaps

Kannst Du uns ein paar Beispiel für "gelbe Warnungen" geben, bitte?
Kann mir grad wenig darunter vorstellen...

Hab mitbekommen, dass Du nicht mehr CRJ fliegst. Auf welchem Gerät bist Du denn jetzt unterwegs?

Schöne grüße,
Robert
 
Mich würden in diesem Zusammenhang auch mal ein paar typische v1/v2-speeds von Airlinern interessieren. Ich hab da für die B737 eine 120, und für die 747 etwa 145 im Kopf, ohne zu wissen, wie verlässlich diese zahlen sind. Am liebsten wären mir die "extremwerte", also zB leicht, leer, trockene Bahn vs. voll beladen bei nasser Bahn..
 
Gelbe Warnungen sind alle Warnungen, die als "Caution" bezeichnet werden und mit einem "Ping" auf sich aufmerksam machen.

Ein Beispiel dafür wäre beim A320 "ELAC 1 Fault" (Elevator Aileron Computer).
Es sind aber 2 davon vorhanden und dadurch ist Redundanz gewährleistet.
 
Ist schwer zu sagen, da hier soviele Faktoren mit reinspielen, daß man da auch keine generelle Aussage machen kann.

Aber mit Flex 50, einer 4000m Bahn und 8-10t und MTOW (etwa 58-60t TOW), kommst du auf etwa 130-140 kts
 
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