Cool. Du bist nicht gerade ein Freund unserer Verfassung (Art. 20 II 2 GG)?
Na, wenn Du jetzt schon zum zweiten mal so nett fragst, will ich Dir meine Meinung zu Volksentscheiden nicht vorenthalten.
Aber zunächst einmal zu Deiner konkreten Frage: ich bin ein großer Freund unseres Grundgesetzes. Das ist die beste Verfassung, die Deutschland je hatte und auch im weltweiten Vergleich kann sie sich sehen lassen. Auch der Artikel 20 kann von mir aus unverändert in Kraft bleiben. Man muss nicht immer gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen. Die Väter unseres Grundgesetzes haben für Volksentscheide auf Bundesebene eine sehr hohe Hürde eingezogen. Ganz ähnlich könnte man auch auf Landesebene und kommunaler Ebene die Hürden für Volksentscheide einfach höher ansetzten, ohne dass das Grundgesetz überhaupt tangiert wäre.
Es gibt einige ganz gute Gründe gegen Volksentscheide im Allgemeinen. Diese Gründe sind für mich so wichtig, dass ich eine sehr ablehnende Haltung gegenüber Volksentscheiden habe:
1) Demokratie ist mehr als die Herrschaft der Mehrheit. In der Demokratie gibt es auch eine Pflicht, Minderheiten zu schützen. Bei Volksentscheiden geht es aber nur darum, wer am Ende die Mehrheit hat. Es besteht also immer das Risiko, dass Minderheiten dabei auf der Strecke bleiben (Ich denke da zum Beispiel an die Volksabstimmung in der Schweiz zum Verbot von Minaretten).
2) Menschen denken in erster Linie an sich selbst und ihre Familien und Freunde. Das Gemeinwohl kommt in der Prioritätenliste viel weiter hinten. Das ist an sich nicht verwerflich aber bei politischen Entscheidungen ist kein Platz für Egoismus sondern das Gemeinwohl muss Vorrang haben. Nehmen wir einmal an, die Finanzlage des Bundes wäre nicht ganz so rosig, wie sie derzeit ist, und der Finanzminister ist der Meinung, die Steuern müssten erhöht werden und er will das Volk über diese Frage abstimmen lassen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Bürger in einem Volksentscheid sich die Steuern selbst erhöhen würden?
3) Die Komplexität von politischen Fragestellungen stellt hohe Anforderungen an die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem Thema. Als die Niederländer z.B. 2005 über die EU-Verfassung abstimmten, wurde der Verfassungstext (ca. 300 Seiten) an die Bürger verteilt. Nich jeder hat die Zeit, sich derart intensiv in jedes Thema einzuarbeiten, um dann eine gut fundierte Entscheidung zu treffen.
4) Leider schaffen es Volksentscheide auch selten, ein Thema nach der Abstimmung abzuschließen und aufgerissene Gräben wieder zuzuschütten. Ganz im Gegenteil, die Abstimmungen treiben meistens einen unüberbrückbaren Keil zwischen die beiden Parteien.