Demokratietheorie, insbesondere legitimatorische Kraft von Abstimmungen

Ich teile die Meinung von Ikarus. Was macht ein Bürgerentscheid für einen Sinn, wenn die Wahlbeteiligung gerade mal knapp 33% liegt. Hier verhindert eine kleine Anzahl von Bürgern ein wichtiges Infrastrukturprojekt für ganz Bayern.
 
Ich teile die Meinung von Ikarus. Was macht ein Bürgerentscheid für einen Sinn, wenn die Wahlbeteiligung gerade mal knapp 33% liegt. Hier verhindert eine kleine Anzahl von Bürgern ein wichtiges Infrastrukturprojekt für ganz Bayern.
Was aber, wenn die 33% das gesamte Wahlvolk repräsentativ vertreten. Wäre dann ein Bürgervotum ok?
 
Die meisten (67%) hat es scheinbar eh nicht interessiert, ob die Bahn gebaut wird oder nicht.
Aber 33% halte ich nicht für repräsentativ. Das doppelte wäre vielleicht angebracht.
Und wenn man sich vor Augen hält, dass lediglich 18% aller wahlberechtigten Münchener Bürger explizit dagegen gestimmt haben dann ist das m.M.n. unglaublich...

1. Es war sowieso Schwachsinn, nur die Münchener Bürger darüber abstimmen zu lassen, zudem in der Sadt München wohl keiner von Fluglärm und den negativen Auswirkungen davon betroffen ist. Und der Großteil von denen, die dagegen gestimmt haben, wurden m.M.n. von den Ausbaugegnern -ich nenne es mal vorsichtig- überzeugt.

2. Es ist unangebracht, überhaupt die Bürger über ein derartiges Projekt abstimmen zu lassen. Aber da der Flughafen ja in öffentlicher Hand ist, war das ganze ja legitim.


Und da es den Großteil der Bürger scheinbar sowieso nicht interessiert, hätte man keinen Fehler gemacht, wenn man die Bahn gebaut hätte.
 
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Die meisten (67%) hat es scheinbar eh nicht interessiert, ob die Bahn gebaut wird oder nicht.
Aber 33% halte ich nicht für repräsentativ. Das doppelte wäre vielleicht angebracht.
Und wenn man sich vor Augen hält, dass lediglich 18% aller wahlberechtigten Münchener Bürger explizit dagegen gestimmt haben dann ist das m.M.n. unglaublich...

Nun, das gilt doch für jede Wahl. Wer nicht teilnimmt, wird nicht berücksichtigt. Der Nichtwähler stimmt letztlich durch seine Nichtteilnahne komplett "neutral". Weshalb aber sollen die abgegebenen Stimmen deshalb ignoriert werden?

1. Es war sowieso Schwachsinn, nur die Münchener Bürger darüber abstimmen zu lassen, zudem in der Sadt München wohl keiner von Fluglärm und den negativen Auswirkungen davon betroffen ist. Und der Großteil von denen, die dagegen gestimmt haben, wurden m.M.n. von den Ausbaugegnern -ich nenne es mal vorsichtig- überzeugt.

Die LH München als Gebietskörperschaft und als Gesellschafter der FMG soll nicht abstimmen dürfen? Verstehe ich nicht. Den Befürwortern der 3. Bahn wäre es ja auch frei gestanden, Oberbayern oder ganz Bayern zur Abstimmung aufzurufen - haben sie aber nicht.

2. Es ist unangebracht, überhaupt die Bürger über ein derartiges Projekt abstimmen zu lassen. Aber da der Flughafen ja in öffentlicher Hand ist, war das ganze ja legitim.

Zwei Sätze und ein diametraler Widerspruch... aber der zweite Satz gilt, richtig?


Und da es den Großteil der Bürger scheinbar sowieso nicht interessiert, hätte man keinen Fehler gemacht, wenn man die Bahn gebaut hätte.

...mithin die Mehrheitsmeinung ignoriert hätte? Nun, das geht eben nicht in Demokratien.

BTW: Ich bin kurz vor der Abstimmung aus München ins Oberland weggezogen. Wäre ich noch wahlberechtigt gewesen, hätte ich für die 3. Bahn gestimmt.
 
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Bist du dir bewusst, dass du mit deiner Ablehnung von Bürgerentscheiden die Axt an die Verfassung, hier konkret an Art. 20 II GG legst? Huihuihui:think::think:
Das halte ich für einen theatralischen Vorwurf.

Erstens steht 20 GG unter Ewigkeitsvorbehalt, so daß man schwerlich mittels einer kritischen Meinung bereits Axt an ihn legt.

Ferner gebe ich zu bedenken, daß in der deutschen Öffentlichkeit regelmäßig über schweizerische Plebiszite (Analogon wären schier nicht kodifizierte Abstimmungen auf deutscher Bundesebene) berichtet wird (wenigstens dem Unterton nach), als wären diese etwas Unanständiges, Anrüchiges, Ansteckendes.

Plebiszite und Abstimmungen für etwas un-irgendwas zu halten gehört damit zum guten Ton in den Salons dieser Republik. Möglicherweise wird dort ja wirklich die Axt an unser Gemeinwesen gelegt, wer weiß?

Weißt Du da was? ;)
 
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Nur mal so nebenbei: mir erschließt sich nicht, was dieser Thread mit der Fliegerei zu tun hat und gehört m.M. nach eigentlich in den OT-Bereich.
 
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Ich erkläre mich hiermit zum König von Bayern und schaffe alle demokratische Mitbestimmung ab und veranlasse sofort den Bau der neuen Startbahn! Das mal Zug auf die Kette kommt bei einem der wichtigsten Infrastrukturprojekte in Bayern!
 
Ich teile die Meinung von Ikarus. Was macht ein Bürgerentscheid für einen Sinn, wenn die Wahlbeteiligung gerade mal knapp 33% liegt. Hier verhindert eine kleine Anzahl von Bürgern ein wichtiges Infrastrukturprojekt für ganz Bayern.

Die Wahlbeteiligung sehe ich nicht als Problem. Da ist der Bürgerentscheid sogar noch besser als reguläre Wahlen, da ja auch das Minimum erreicht werden muss, damit es überhaupt zu einem Bürgerentscheid kommt.
Der Fehler liegt in deinem zweiten Satz. Dass München für Münchner Projekte abstimmt, wie Tunnel oder Stadien, das mag ja noch angehen. Dass aber über Infrastrukturprojekte landesweiter bzw. nationaler Bedeutung abgestimmt wird, das ist der Fehler dabei.
Da hätte man nach dem Umzug die Stadt rauskaufen müssen oder die Gesetze über Bürgerentscheide so formulieren müssen, dass das nicht möglich ist. Es ist aberwitzig, dass man den Flughafen 30 Kilometer vor München gebaut hat, aber München mit in der Verantwortung gelassen hat.

Wenn ich mir Ring und Stadion anschaue, finde ich es einerseits toll, dass diese aufgrund von Bürgerentscheiden gebaut wurden trotzdem halte ich die Bürgerbeteiligung nicht immer für den richtigen Weg zur Entscheidung.
 
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Nur mal so nebenbei: mir erschließt sich nicht, was dieser Thread mit der Fliegerei zu tun hat und gehört m.M. nach eigentlich in den OT-Bereich.

Das war auch eine Option. Leider ist es dort unterhalb der Bildschirmkante (and boy, whatta bildschirm) fast so tot wie auf dem Zentralfriedhof von Bonn - ein Effekt, den ich für die Ratschkattln durchaus schätze.

Nun wollte ich diesem Gedanken aber gerade nicht den Todesstoß versetzen, sondern lediglich einen bewußteren Zugriff darauf ermöglichen.

Daher die unperfekte Plazierung hier oben.
 
Cool. Du bist nicht gerade ein Freund unserer Verfassung (Art. 20 II 2 GG)?
Na, wenn Du jetzt schon zum zweiten mal so nett fragst, will ich Dir meine Meinung zu Volksentscheiden nicht vorenthalten.

Aber zunächst einmal zu Deiner konkreten Frage: ich bin ein großer Freund unseres Grundgesetzes. Das ist die beste Verfassung, die Deutschland je hatte und auch im weltweiten Vergleich kann sie sich sehen lassen. Auch der Artikel 20 kann von mir aus unverändert in Kraft bleiben. Man muss nicht immer gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen. Die Väter unseres Grundgesetzes haben für Volksentscheide auf Bundesebene eine sehr hohe Hürde eingezogen. Ganz ähnlich könnte man auch auf Landesebene und kommunaler Ebene die Hürden für Volksentscheide einfach höher ansetzten, ohne dass das Grundgesetz überhaupt tangiert wäre.

Es gibt einige ganz gute Gründe gegen Volksentscheide im Allgemeinen. Diese Gründe sind für mich so wichtig, dass ich eine sehr ablehnende Haltung gegenüber Volksentscheiden habe:

1) Demokratie ist mehr als die Herrschaft der Mehrheit. In der Demokratie gibt es auch eine Pflicht, Minderheiten zu schützen. Bei Volksentscheiden geht es aber nur darum, wer am Ende die Mehrheit hat. Es besteht also immer das Risiko, dass Minderheiten dabei auf der Strecke bleiben (Ich denke da zum Beispiel an die Volksabstimmung in der Schweiz zum Verbot von Minaretten).

2) Menschen denken in erster Linie an sich selbst und ihre Familien und Freunde. Das Gemeinwohl kommt in der Prioritätenliste viel weiter hinten. Das ist an sich nicht verwerflich aber bei politischen Entscheidungen ist kein Platz für Egoismus sondern das Gemeinwohl muss Vorrang haben. Nehmen wir einmal an, die Finanzlage des Bundes wäre nicht ganz so rosig, wie sie derzeit ist, und der Finanzminister ist der Meinung, die Steuern müssten erhöht werden und er will das Volk über diese Frage abstimmen lassen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Bürger in einem Volksentscheid sich die Steuern selbst erhöhen würden?

3) Die Komplexität von politischen Fragestellungen stellt hohe Anforderungen an die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem Thema. Als die Niederländer z.B. 2005 über die EU-Verfassung abstimmten, wurde der Verfassungstext (ca. 300 Seiten) an die Bürger verteilt. Nich jeder hat die Zeit, sich derart intensiv in jedes Thema einzuarbeiten, um dann eine gut fundierte Entscheidung zu treffen.

4) Leider schaffen es Volksentscheide auch selten, ein Thema nach der Abstimmung abzuschließen und aufgerissene Gräben wieder zuzuschütten. Ganz im Gegenteil, die Abstimmungen treiben meistens einen unüberbrückbaren Keil zwischen die beiden Parteien.
 
Nur mal so nebenbei: mir erschließt sich nicht, was dieser Thread mit der Fliegerei zu tun hat und gehört m.M. nach eigentlich in den OT-Bereich.

Mein Post (hier nun #1) stand ursprünglich im Thread "Ausbau MUC: 3. Bahn (Neustart)" und knüpfte die an dortige (nicht von mir gestartete!) Debatte zu Bürgerentscheiden an.
 
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