Embraer 190/195 Fly-by-wire

Max Reverse

Gold Member
Fly-by-wire an sich heißt ja zunächst nur, dass die Steuersignale vom Steuer zu den Steuerflächen nicht auf konventionellem Wege (Stangen, Seile, Ketten) übertragen werden, sondern diese durch elektrische Leitungen ersetzt werden.

Ob und wenn ja welche 'Umwege' die Steuersignale auf diesem Weg nehmen (z.B. durch Computer, welche die Eigaben prüfen und ggf. beschränken), liegt im Ermessen des System-Designs, ebenso welche Stellgröße der Pilot mit dem Steuer überhaupt einstellt. Bei einem konventionellen Flieger ist dies 'Ruderausschlag', bei Airbus (um die Rollachse) z.B. eine Rollrate (°/sec).

Da die Flight-Envelope-Protections sowie ihre Auswirkungen bei der Bedienung des FBW-Systems wohl unerreicht weitgehend sind, wage ich zu behaupten, dass es sicherlich Unterschiede zwischen ERJ und Airbus geben wird.

Gruß MAX
 
Wie schon @MaxReverse geschrieben hat muss man das FBW-System vom Flugregler trennen. FBW-Systeme sind alle Flugzeuge die keine mechanische Verbingung mehr vom Stick/Steuerhorn zu den Steuerruder haben.

Der Flugregler dagegen sitzt zwischen dem Input vom Piloten und dem Output zu den Aktuatoren. Dort kann alles mögliche gemacht werden.
Die einfachste Variante ist die direkte Kontrolle, d.h. der Input wird in elektrische Signale umgewandelt und direkt zum Aktuator geschickt. Jede Bewegung am Stick entspricht dann einer direkten Bewegung des Aktuators. Bei Airbus gibt es das im sogenannten Direct Law, sozusagen dem Notbetrieb. Im Normal Law besitzt der Airbus einen Attitude-Hold-Rate-Command Regler. Das bedeutet, mit dem Stick wird eine Drehrate kommandiert (je größer das Kommando, desto schneller die Drehrate) und die Fluglage wird dann gehalten wenn man loslässt. Zusätzlich wird geschwindigkeitsabhängig das n_Z-kommandiert, d.h. bei loslassen des Sticks wird eine vertikale Beschleunigung von 1g (Erdbeschleunigung) gehalten.
Der Flugregler von Airbus besitzt darüberhinaus auch noch verschiedene Protections die eine zu niedrige oder hohe Geschwindigkeit aktiv entgegenwirken. Inputs vom Computer können bei Airbus im Normalfall nicht von den Piloten übergangen werden (zumindest solange die Flugcomputer aktiv sind).

Die E-Jets von Embraer dürften dagegen ein vergleichsweise einfaches FBW-System haben bei dem die Position des Yokes (dem etwas seltsam aussehendem "Mopedlenker") der Stellung der Ruder entspricht. Der E-Jet fliegt sich demnach auch ganz konventionell.
Dies sollte vergleichbar mit dem FBW der B777 sein, die sich völlig konventionell fliegt, die aberwie der Airbus auch Protections besitzt, die jedoch vom Piloten überdrückt werden können.

Für Details zu den Systemen empfehle ich ein Blick in die Systemmanuals bei www.smartcockpit.com
 
Ohne Hydraulik kann man beim A320 die Ruder nicht mehr bewegen. Allerdings ist zwischen dem Trimmrad im Cockpit und der Höhenrudertrimmung noch ein Seilzug was ein letztes Backup ist. Zusammen mit dem Triebwerksschub lässt sich dann der Flieger noch rudimentär steuern.
Dazu empfehle ich unbedingt dieses PDF über den DHL A300 zu lesen der nach dem Start in Bagdad von einer Rakete angeschossen wurde und neben ein Stück Tragfläche auch die komplette Hydraulik verloren hat.

Die mechanische Trimmung wurde bis zum A330 und A340-200/-300 noch verbaut. Ab dem A340-500 und -600 wurde diese Ansteuerung auch elektrisch realisiert.

Ohne Hydraulik lässt sich bei Boeing allerdings nur noch die B737 mit einigen Kraftaufwand steuern. Größere Muster wie auch die B747 sind trotz Seilzugverbindung nicht mehr ohne Hydraulikkraft flliegen. Die B777 war der erste zivile Flieger von Boeing mit FBW.
 
Die mechanische Trimmung wurde bis zum A330 und A340-200/-300 noch verbaut. Ab dem A340-500 und -600 wurde diese Ansteuerung auch elektrisch realisiert.

Aber auch nicht mehr bei allen A340-300. Die Enhanced-Versionen haben nur noch elektronischen Kontakt zur Trimmung.

Bei Punkt Nächste Generation aufgeführt: http://de.wikipedia.org/wiki/Airbus_A340

PS: Wusste gar nicht, dass es mal einen Plan für den A340-400 gab, da sollte der vordere Frachtraum als Passagierkabine verwendet werden.
 
Dass die Hydraulik komplett ausfällt ist ein äußerst seltener Fall. Heutige Flugzeuge besitzen in der Regel drei voneinander unabhängige Hydrauliksysteme. Sollte eines Ausfallen kann mit den verbleibenden mit gewissen Einschränkungen weiter operiert werden. Zudem sind die Systeme durch eine PTU (Power Transfer Unit) ausgestattet das zwei Hydrauliksysteme kräftemäßig verbindet und es gibt auch elektrische Hydraulikpumpen die ein Hydraulikkreislauf unter Druck halten können.
Sollten alle Systeme gleichzeitig komplett versagen ist meistens viel mehr beschädigt und eine sichere Landung sowieso äußerst fraglich.

Flugregler die bei Verlust bestimmter Steuerflächen mit den verbleibenden weiterarbeiten können nennt man adaptive Regler. Das ist besonders in der Militärluftfahrt sehr interessant wo doch häufiger durch äußere Einwirkungen Teile am Flugzeug beschädigt werden...
Allerdings steckt das meiste noch im Bereich der Forschung. Vielelicht auch ganz interessant, die TU München forscht auch in diesem Bereich.
 
Ohne Hydraulik kann man beim A320 die Ruder nicht mehr bewegen. Allerdings ist zwischen dem Trimmrad im Cockpit und der Höhenrudertrimmung noch ein Seilzug was ein letztes Backup ist. Zusammen mit dem Triebwerksschub lässt sich dann der Flieger noch rudimentär steuern.

Nicht ganz, das 'Mechanical Backup' dient dabei nur als FBW-Ersatz, steuert also nicht des Stabilizer, sondern lediglich den Actuar (THS Motor) an, der aber ohne Hydraulik nicht arbeiten kann.

Tripple Hydraulic Failure heißt 'Hasta la vista, baby!' - außer man kann so fliegen wie die DHL-Jungs in BGW oder CPT Haynes in Sioux City.

Gruß MAX
 
Um mal bei Airbus zu bleiben:

Max Revers hats schon gesagt, in dem Fall ist die Ansteuerung des THS Actuators reduntant mit einem Seil ausgestattet. Bei den Enhanced-Flugzeugen ist das übrigends immernoch drinnen, allerdings hat man sich das Seil für das Seitenruder gespart.

Zudem sind die Systeme durch eine PTU (Power Transfer Unit) ausgestattet das zwei Hydrauliksysteme kräftemäßig verbindet und es gibt auch elektrische Hydraulikpumpen die ein Hydraulikkreislauf unter Druck halten können.
Das waren/sind A300-Zeiten, bzw. zum Teil A320, die A330/A340 besitzten keinerlei PTU's mehr, dafür allerdings entsprechend für jedes System eine elektrische Hydraulikpumpe, allerdings springen diese nicht automatisch bei einem Druckverlust an. Wann welche davon anspringt, ist wieder Flugzeugspezifisch.

Allerdings steckt das meiste noch im Bereich der Forschung.
Macht das Airbus nicht seit anbeginn des FBW's so? Es werden zwar keine Elevators zu Ailerons gemacht (dafür Ailerons zu Seitenruder oder zu GRD-Spoiler und als Flaps werden sie auch mitgenutzt), aber gewisse Backupfunktionen sind vorhanden, bei dennen bestimmte Steuerflächen "reaktiviert" werden, sollte bei einer anderen ein Fehler auftreten, ganz zu schweigen von der redundanten Auslegung der "Steuerflächenmotoren".

Ich finde, für diesen Fall sollte ein System entwickelt werden, dass auch bei einem Hydraulikausfall die Steuerung vereinfacht wird und die Maschine noch sicherer landen kann.
kurz vorneweg und nur der vollständigkeit halber: die Ram Air Turbine produziert in den meisten Fällen (bei Airbus immer) Hydraulik Druck, damit lassen sich dann ein Teil der Steuerflächen bewegen und ein kleiner Generator antreiben. Prinzipiell ist das System aber nicht für weite Strecken oder gar Landungen gedacht, wenngleich das schon Geglückt ist (und ich nicht mit den Jungs da vorne tauschen möchte), sonder vielmehr die Zeit zu überbrücken und das Flugzeug unter kontrolle zu halten, bis entsprechende Gegenmaßnahmen geglückt sind (wie zb. eine APU, besser ein Triebwerk zum Laufen überreden).

Bei der Ursprungsfrage sind wir wieder bei der großen Airbus/Boeing FBW-Diskussion und der Frage: ist ein Backup über Seile nötig (Boeing) und ist der Pilot IMMER letzte Instanz (Boeing). Airbus geht da den anderen Weg und wollte sogar schon im A350 den 2. Piloten wegrationalisieren, was dann aber wohl nicht "glückte" (gottseidank).
(So wie das bei der Embraer aussieht ist das ein recht vereinfachtes FBW und da auch nur teilweise, die Ailerons sind komplett über Seile gesteuert.)
Es gab mal Versuche die Steuerung des FLugzeugs per Triebwerke tatsächlich so zu gestallten, dass sich das Flugzeug dann über die normalen Steuerelemente fliegen lässt -> Fly by Fire . Sprich die Steuerinputs werden von den Flight Control Computern so aufgearbeitet und "gemischt", dass ein adequates Signal an die Triebwerksrechner rausgegeben werden konnte, der Witzt ist sogar, das bei modernen FBW-Flugzeugen Hardware-Mäßig nichts verändert werden müsste, quasi alles da, "nur" die Flight Control Computer müssen Softewaremässig angepasst werden.
Getestet wurden MD11 und B747, wobei das bei beiden FLugzeugen wohl gut klappte, bei der MD11 aber wohl noch besser.

Ich denke, ein Manual Backup ohne Hydraulik (wie bei B737) sehen wir bei grossen Airliner nicht wieder.
 
Um mal bei Airbus zu bleiben:


kurz vorneweg und nur der vollständigkeit halber: die Ram Air Turbine produziert in den meisten Fällen (bei Airbus immer) Hydraulik Druck, damit lassen sich dann ein Teil der Steuerflächen bewegen und ein kleiner Generator antreiben.

Das stimmt mittlerweile so auch nicht mehr. Der A380 bzw die RAT erzeugt Strom (wenn es mich nicht täuscht um die 90kVA). Da der A380 mehrere lokale Hydraulik Back Up Systeme besitzt. Das sieht dann so aus, dass die Actuator an gewissen Steuerflächen (Roll, Pitch, Yaw) ein eigenes Hydrauliksystem besitzen, mit allen drum und dran sowie auch das Fahrwerk.
 
Korrekt, den hatte ich nicht mit auf dem Plan, ich nehm auch an, dass da nochmal was am FBW gedreht wurde.
 
Zitat: Das waren/sind A300-Zeiten, bzw. zum Teil A320, die A330/A340 besitzten keinerlei PTU's mehr, dafür allerdings entsprechend für jedes System eine elektrische Hydraulikpumpe, allerdings springen diese nicht automatisch bei einem Druckverlust an. Wann welche davon anspringt, ist wieder Flugzeugspezifisch.


Jedes Flugzeug der A320-Family hat eine PTU;)
 
Zurück
Oben