Einfach mal, anhand des heutigen Wetters, in die Runde der Piloten gefragt...
Wie gut kann man sich auf sowas vorbereiten?
- wie genau kann Dispatch im OFP eine aufziehende Front berücksichtigen?
Das mit der Vorbereitung wird leider immer schwieriger, da (man möge mir verzeihen dass ich mich wiederhole) die Wetterdaten mit denen man arbeiten muss beständig unbrauchbarer werden. Die Gewitterfront war noch wenige Stunden vor ihrem Eintreffen in keinem TAF für MUC enthalten, obwohl man auf den Radarbildern im Web schon ahnen konnte, was da kommt.
Winde bis 70 Knoten - nicht vorhergesagt.
Heavy Thunderstorm - nicht vorhergesagt.
Hagel, Graupel und Schnee - nicht vorhergesagt.
Dass zwischenzeitlich sogar die Bahnen wegen De-Icing geschlossen werden mussten - mit dem Forecast von heute morgen nicht zu erwarten.
Desweiteren hat die ICAO vor kurzem beschlossen, dass es nicht mehr nötig ist, Frontverläufe in unseren Wetterkarten darzustellen, ist wohl zu teuer da nicht automatisierbar. Also fliegen wir 'offiziell' mit Null Plan über die aktuellesten Wettergeschehnisse durch die Gegend. Bleibt nur sich privat mit entsprechenden Infos zu versorgen, was natürlich 'unterwegs' etwas schwierig ist. Eine UMTS-Karte mit Flatrate wird wohl bald fällig. Ich könnte k****en! Entschuldigung...
- wie großzügig tankt ihr Extra Fuel?
Bei solchen Wetterlagen wird Extra nicht in Minuten, sondern in Stunden getankt. Während man bei schönem Wetter auch gern mal diskutieren kann, ob es 400 kg (10 Minuten) oder 600 kg (15 Minuten) sein werden, geht es heute nur nach dem Motto '1 Stunde von dem Herren in der ersten Reihe links - höre ich mehr - Jaaaa, zwei Stunden von dem Herren mit der blauen Jacke in der ersten Reihe rechts - Wer geht mit? - Sehr schön, zweieinhalb Stunden von links - zum ersten, zweiten und dritten!'.
Allerdings kommt da wieder obiger Punkt zum Tragen, wenn ich nicht weiß wie schlecht es werden wird, wie soll ich da sinnvoll tanken?
wie werden Alternates bei solch einer breiten Front gewählt, wenn die Standardalternates ebenso miese Bedingungen aufweisen? Heute gingen innerdeutsche Flüge für München bspw. auch nach Linz, Mailand und Bologna...
Nun, bei uns werden die Flugpläne für alle Flüge unter 2 Stunden von keinem Menschen mehr angefasst, geht alles automatisch (in die Hose
). Der Confuser schaut nur, ob der Platz NOTAM- und Wetter-mäßig legal planbar ist, und schon ist er 'gekauft'. Wenn für MUC oder FRA heftig geslottet wird, dann plant Dispatch evtl. auf einigen ausgewählten Flügen (meist die gewischtskritischen) im OFP schon etwas ADDFUEL ein, damit gewichtsmäßig bereits Luft für den entsprechenden Sprit bleibt.
Mit der Auswahl eines planbaren Alternates ist dem Gesetz genüge getan. Allerdings muss man einfach mal eine Massen-Diversion mit Landung unter Final Reserve Fuel (you are number three for emergency) erlebt haben, um ab diesem Tag für sich nicht nur einen Plan B, sondern auch einen Plan C zu haben. Wenn erst mal das 'Low Fuel Light' angeht, denkt es sich nur noch sehr schlecht...
Daher ist man bei dem Wetter gut bedient, einen Alternate entweder weit vor oder weit hinter der Front (oh ich vergaß - die war ja 'unbekannt') oder südlich der Alpen zu wählen.
- bei incoming Langstrecke stelle ich mir das Ganze noch komplizierter vor, da der OFP, und das bei Abflug Richtung D unterstellte Wetter für die Destination, ja noch ungenauer ist. Gibt es per ACARS unterwegs Hinweise auf extreme Wetterlagen, oder zieht ihr routinemässig -wie sonst auch- euer aktuelles Wetter...?
Ja über ACARS kann man schon das Wetter ziehen, was auch regelmäßig gemacht wird, um bei kritischen Lagen rechtzeitig den Trend erkennen zu können. Allerdings ist dann für Strategische Entscheidungen zu spät, bleibt nur noch die Taktik anzupassen und zur Not irgendwo zum Tanken oder Warten runterzugehen. Denn auf vielen Langstrecken ist die Möglichkeit, im obigen Rahmen Exta zu tanken einfach nicht gegeben. Und Hinweise auf Wetter unterwegs: Ja gab es zumindest solange das FLYNET noch lief sekunden aktuell aus dem WWW. Seither leider nicht mehr so gut...
Einen anderen Aspekt möchte ich aber noch ansprechen. Alle obigen Punkte betreffen ja zunächst nur die Normal Operation. Da hilft ein gutes Buch für die Wartezeit am Boden und ein voller Tank für alles was danach kommt schon mal ordentlich weiter.
Was ist denn aber, wenn ich einen Abnormal bekomme, bei dem mein Flugzeug mir sagt 'Land ASAP'. Mit einem Fehler der meine Flight Controls soweit einschränkt, dass man normalerweise stehenden Fusses wieder landet, muss ich dann ggf. 45 Minuten über die Alpen fliegen, bis ich einen Platz finde, auf dem ich weniger als 10 Knoten x-Wind habe. Und wenn ich evakuieren muss, ist auch nicht so toll, denn die Slides sind nur bis 25 Knoten Windspeed 'demonstrated'.
Trotzdem macht Fliegen an solchen Tagen Spaß. Kalter Kaffee und warmes Bier sind plötzlich kein Grund mehr zur Beschwerde, unsere Vielflieger die normalerweise schon bei 3.27 Minuten Verspätung über die 'Scheiß Lufthansa' schimpfen sind froh überhaupt anzukommen und beim Aussteigen (meistens stellt sich wenns es was besonderes gab auch ein Kollege aus dem Cockpit dazu) blickt man zwar ein teilweise etwas grünliche, aber durchweg dankbare Gesichter. Verabschiedungen per Handschlag sind auch nicht unüblich.
Tower, LH 123, can you please dim the wind? ;D
Gruß MAX