Höhenstrahlung

MUCFLYER

Mitglied
ich weiss, ein heikles Thema...
Aber da es auch gerade im Flughöhenthread angesprochen wurde, wäre die Meinung von euch Piloten interessant...

Mir ist bekannt das LH auf Tokio Flügen diesbezüglich Messgeräte mitgeführt hatte. Aufgrund der zeitweise überhöhten Strahlenwerte ist man kurzfristig - wo es möglich wurde - dann tiefer wie geplant geflogen.

Wie intensiv und vielleicht kontrovers wird so etwas im Cockpit wahrgenommen und diskutiert ?
 
In der Tat gibt es da meilenweite Unterschiede in den Ansichten.

Für mich gilt die Tatsache, je mehr und je höher fliegen, desto ungesund. Das ist auch einer der Gründe warum ich seit 12 Jahren Kurzstrecke fliege.

Auf der Kurzstrecke ist man selten so beschränkt, dass man nicht die paar kg mehr tanken könnte, die man beim tiefer fliegen mehr verbraucht. Ausserdem müssen wir (wie im anderen Thread geschrieben) wegen Erbsengehirn-mässiger Planung der Bodenabläufe sowieso in 75% aller Fälle hetzen wegen Verspätung, was auch zu tieferem Fliegen fürht. Da fällt es kaum auf, wenn man das auch ohne Delay mal macht;)

Da die Airlines auf Langstrecke natürlich ein massives wirtschaftliches Interesse haben, immer möglichst spritsparend zu fliegen, weil sonst viele Flüge von Payload-Restrictions betroffen wären oder einige gar nicht non-stop geflogen werden könnte, erwarte ich mir von dieser Seite keine ernsthafte Unterstützung, solange es keine 'harten' gesetzlichen Zwänge gibt.

Die Historie unseres Berufsstandes ist ohnehin grotesk, das Fliegende Personal ist u.a. von folgenden 'Schutzvorschriften' ausgenommen:

- Strahlenschutz
- Richtlinie f. Bildschirmarbeitsplätze
- Betriebsverfassungsgesetz
- Arbeitszeit-Verordnungen uvm.

Wenigstens hat unserer Vertretung die VC erreicht, die Strahlenschutz-Geschichte mal anzukurbeln. So wird nun für jeden Mitarbeiter ein 'Strahlenkonto' geführt und neben wissenschaftlichen Betrachtungen auch solche Tiefer-Flieg-Probeläufe wie o.g. (Tokio) gefahren.

Wenn ich mir meinen Kurzstrecken- und Teilzeit-Kontostand ansehe und mit den Vollzeitkollegen auf der Langstrecke vergleiche, die momentan regelmäßig 4,5-5 Langstreckenumläufe je Monat fliegen, dann käme ich als Langstreckler schon ins Grübeln.

Bis mal unabhängige und fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen (wird sicher noch dauern) bleibts auf der Kurzstrecke bei 'flieg nicht zu hoch, mein kleiner Freund':whistle:, insbesondere bei den Kollegen, deren Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist. Bei der Wahl des FL hat bei uns (ist nicht selbstverständlich) der CPT das Sagen.

Gesundheit, MAX
 
Wobei ich es schon übel finde, dass man hier verschiedene Gesetze einfach mal ausnimmt. Wie sieht es aus muss man nicht ein Dosimeter als Pilot mit sich führen? (Das sind die kleinen Plaketten die auch jeder Arzt, Krankenschwester, etc. mit sich führen muss, wenn sie in strahlenden Gebieten arbeiten)
 
Das Problem ist, dass ein Großteil der Bestimmungen, mit denen wir uns heute noch rumschlagen, aus den Anfangsjahren der Jet-Fliegerei kommen. Diese sind damals 'auf dem kurzen Dienstweg' der einzigen und staatlichen Airline des Landes zu Stande gekommen.

Inzwischen wird wohl kaum daran gezweifelt, dass der aktuelle Stand der Gesetze und Vorschriften keineswegs mit den Erkenntnissen und Entwicklungen die seither erfolgt sind Schritt gehalten hat.

Wäre es damals zu Zeiten der Regulation und Subventionierung des Luftverkehres wenigstens theoretisch möglich gewesen, Maßnahmen durchzusetzen, die dem Wohle der Beschäftigten dienen aber die Unternehmen finanziell mehr oder weniger stark belasten, wussten diese das durch entsprechende Einflußnamhe zu verhindern. Argumente waren u.a. dass die gesetzlich vorgegebenen Rahmen ohnehin nicht mal annähernd ausgeschöpft werden.

Heute wo jeder Pfennig dreimal umgedreht werden muss, damit man schöne 9 €-Tickets nach Palma anbieten kann, ist die Sache aussichtslos, abgesehen, dass sich sicherlich eine mehr oder weniger weit entfernte Bananenrepublik finden würde, die bei einer entsprechenden Initiative nicht mitzieht.

Inzwischen haben sich die Dinge geändert, die gesetzlichen Maxima sind nicht nur in Sichtweite sondern bei vielen Airlines 'Planungsgrundlage'. Wohl denen, die im Umfeld restriktiverer Tarifverträge fliegen dürfen, allerdings geraten diesen zunehmend durch angebliche Wettbewerbsnachteile gegenüber den untarifierten Konkurrenten unter Druck.

Wer sich vor Augen hält, dass das Bordpersonal in einer LVG gegen den Willen des Unternehmens nicht mal einen 'Betriebsrat' etablieren kann, der wird sich auch nicht mehr wundern, dass wir vom Gesetz her auch ohne weiteres 14-16 Stunden Dienst ohne Pause schieben können, während jeder Busfahrer nach spätestens 10 Stunden mit einer Pause Feierabend hat.

Bei Air Berlin läuft gerade der Versuch, sich der Unterdrückung durch die Firma zu entziehen und ein Tarifkommision zu bilden. Mal sehen wie das Experiment ausgeht. Herr Unhold hat auf jeden Fall das Recht und den Erfolg auf seiner Seite, mit dem Personal nach Gutsherren-Manier umzuspringen. Willkommen im Europa des 21. Jahrhunderts.

Gerade läuft im Rahmen der Europäischen Harmonisierung der Vorschriften zu Flugdienst- und Ruhezeiten. Nun ratet mal, was die Airlines wollen: Natürlich keine Rücksicht auf die im Auftrag des EU-Parlaments erstellen wissenschaftlichen Studien zur Müdigkeit und deren Auswirkungen nehmen, man versucht krampfhaft den 'kleinsten gemeinsamen Nenner' zwischen den Ländern anzupeilen.

Zum Abschluß ein zynischer Kommentar: Leider ist Fliegen viel zu sicher geworden. Würde der typische unmündige und auf 'Geiz-ist-geil' getrimmte Verbraucher 'Sicherheit' nicht als Selbstverständlich voraussetzen können, müssten sich diejenigen Airlines die sich das notwendige Quäntchen mehr an Sicherheit leisten (sei es beim Training, bei der Wartung oder bei den Arbeitsbedingungen) nicht permanent von der Konkurrenz anhören: 'Selbstverständlich erfüllen WIR alle gesetzlichen Auflagen'

Sorry für den langen Text,

MAX reverse
 
Leider ist der Trend in (fast) allen Branchen zur Zeit, die Arbeitnehmer auszunutzen. Leider haben wir zu Zeit einen Arbeitgebermarkt, was sich aber in den nächsten Jahren ändern wird.
Ich selber arbeite zur Zeit in einem Bereich wo ich durchaus auch mal 18 Stunden am Stück ohne jede Pause arbeite und es direkt um Menschenleben geht. Leider gibt es immer noch und das beziehe ich jetzt nicht nur auf die Fliegerei zuviele Grauzonen und Gesetzeslücken, bzw. bestehende Regelen werden einfach missachtet - mit Erfolg!
 
ich bin zwar kein übermässiger Freund von Gewerkschaften (zuviel Negativerfahrungen...) aber gerade in der momentanen Phase wünsche ich mir für die zivile Luftfahrt, selbstverständlich inkl. DFS, kompetente und schlagkräftige Personalvertretungen! (@schocky85, gilt natürlich auch für Krankenhäuser...)
Ihre Handlungsfähigkeit ist dringender denn je geboten. Was nach dem 11.Sept.2001 und im Strudel der Lowcost Auswüchse mit einem Handstreich alles vom Tisch gewischt wurde, ist erschreckend. Der ungeheure Kostendruck zwingt alle Airlines die eigenen Verfahren und Limits neu zu bewerten. Was dabei rauskommen kann, das überlass ich der Phantasie des geneigten Lesers...;)
 
Wir werden uns alle noch wundern, was noch gestrichen werden kann von den Arbeitnehmerrechten!:thbdwn: Und immer im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit und Sicherung der Arbeitsplätze!:mad: Wer Arbeit hat, malocht bis 70, um Steuern und Sozialabgeben zu zahlen, wer keine Arbeit hat, wird aus dem "sozialen Netz" hinaus definiert! Den sichersten Job haben bald die Security-Leute, weil es immer mehr Megareiche gibt, die geschützt werden müssen.
 
wie war das in der concorde mit der höhenstrahlung?

an fluhu:
in frankreich gibt es gesetzlich begrenzte überstunden: 180 pro jahr, macht 15 pro monat.
das fehlt in deutschland. da könnten sich die gewerkschafften mal drum kümmern.
das wäre mehr wert als jede 1 komma und etwas lohnerhöhung.

ich rechne nicht mehr damit eine rente zu bekommen...

gruß, peter
 
Läßt sich die Höhenstrahlung einigermaßen praktikabel abschirmen? Sprich: ist das Problem durch entsprechende Flugzeugkonstruktion (was wohl mit Gewichtserhöhung einher geht) lösbar?

Gruß,
Daniel
 
an fluhu:
in frankreich gibt es gesetzlich begrenzte überstunden: 180 pro jahr, macht 15 pro monat.
das fehlt in deutschland. da könnten sich die gewerkschafften mal drum kümmern.
das wäre mehr wert als jede 1 komma und etwas lohnerhöhung.
Gehaltserhöhungen sind Tarifsache und damit Angelegenheit der Gewerkschaften. Gesetzliche Regelungen können nicht Bestandteil von Tarifverhandlungen sein, da haben die Gewerkschaften nicht mehr Einfluß als andere, auch politische Gruppierungen.

Abgesehen davon: Sobald bei uns jemand von solchen Beschränkungen reden sollte, geht bestimmt das Geschrei einzelner, von den Arbeitgebern willkommener Lohnempfänger los von wegen Beschneidung der persönlichen Freiheit, keine Möglichkeit zur persönlichen Erhöhung des Einkommens etc. Es gibt ja immer welche, die Überstunden machen wollen, entweder um mehr "Urlaub" zu basteln oder weil die Zuschläge schon fest verplant sind. Dem persönlichen Interesse Einzelner werden dann Schutzvorschriften der Allgemeinheit geopfert.
 
Wobei 15 Stunden pro Monat in etwa (gehen wir mal von der Utopie einer vierzig Stunden Woche aus) dann schon zwei Arbeitstage zusätzlich pro Monat sind...
Und das sollte schon ausreichen!
 
Läßt sich die Höhenstrahlung einigermaßen praktikabel abschirmen? Sprich: ist das Problem durch entsprechende Flugzeugkonstruktion (was wohl mit Gewichtserhöhung einher geht) lösbar?/quote]

Theoretisch ja, Praktisch nein.

Mit einigen Tonnen Bleiplatten liesse sich evtl. was machen. Das wäre dann allerdings schwer, teuer wegen Mehrverbrauch, geringerer Zuladung / Reichweite etc. und somit bestimmt nicht praktikabel.

Gruß MAX
 
Gehaltserhöhungen sind Tarifsache und damit Angelegenheit der Gewerkschaften. Gesetzliche Regelungen können nicht Bestandteil von Tarifverhandlungen sein, da haben die Gewerkschaften nicht mehr Einfluß als andere, auch politische Gruppierungen.

stimmt, das habe ich in dem moment gar nicht bedacht.
als in meiner damaligen firma 1991 zum golf-krieg die überstunden schlagartig entfallen sind,
wurde es für einige kreditzahler richtig eng.
wenn aber überstunden ein jahrelanger dauerzustand sind, dann sollen die mehr leute einstellen.

wenn ich meine überstunden grundsätzlich ins freizeit konto schiebe baue ich sie später auch wieder ab.
aufs jahr gesehen leiste ich dann nur die normalstunden.
nur überstunden auf bezahlung sind eigentlich unsozial, weil das neueinstellungen verhindert.

nur einmal habe ich überstunden auf bezahlung gemacht, als die erste stufe ökosteuer eingeführt wurde,
woraufhin mich auch prompt mein gewerkschaftsvertreter ansprach.
- irgendwie muss ich ja gegen rot-grüne benzinpreise ankommen.
- überstunden auf bezahlung sind unsozial.
- solche benzinpreise auch.
- kauf dir ein neues auto (ich bin da schon meinen alten ami gefahren)
- die kfz steuer ist so hoch, da schaffe ich es nie, das geld für ein neues auto zusammen zu sparen...
kredit kommt nicht infrage, siehe oben.
auf meinen vorschlag, die 35 stunden an 4 tagen zu arbeiten statt an 5 und so viel benzin zu sparen,
ist er aber auch nicht eingegangen.

um noch beim thema zu bleiben:
was ist eigentlich höhenstrahlung? hier ein link:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kosmische_Strahlung

gruß, peter
 
Läßt sich die Höhenstrahlung einigermaßen praktikabel abschirmen? Sprich: ist das Problem durch entsprechende Flugzeugkonstruktion (was wohl mit Gewichtserhöhung einher geht) lösbar?

Theoretisch ja, Praktisch nein.

Mit einigen Tonnen Bleiplatten liesse sich evtl. was machen. Das wäre dann allerdings schwer, teuer wegen Mehrverbrauch, geringerer Zuladung / Reichweite etc. und somit bestimmt nicht praktikabel.

Gruß MAX

Äh nicht ganz.

Blei hilft eigentlich nur gegen Gammastrahlung, und die ist da oben ziemlich wenig.

Das Problem ist die kosmische Strahlung (nicht die terrestrische), die überwiegend aus Myonen, Protonen und Neutronen besteht. Die eigentliche Strahlenbelastung kommt aus der Interaktion zwischen den hochenergetischen Partikeln und der Struktur des Flugzeugs.


Lösungsmöglichkeiten wären
1) Elektromagnetische "Schutzschilde", die (außer Neutronen) die schädlichen Partikel umleiten könnten. Letztlich einfach zu implementieren, aber dann gibts evtl. keine Kommunikations- oder Navigationsinstrumente mehr.

2) Abschrimung von Protonen und Neutronen durch viele Wasserstoffatome. Gegen solche Strahlung hilft Wasser am besten, auch Thermoplaste sind gar nicht schlecht. Letztlich könnte in einer 787 weniger Strahlungsbelastung herrschen als in anderen Fliegern (ich weiss nicht, welche Matrix dort benutzt wird).

Celestar
 
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