Windanzeige im Cockpit

mic13

Mitglied
Servus zusammen!

Im Cockpit hat der Pilot doch eine Anzeige für den momentanen Wind an seiner Position. Hat von euch jemand eine Ahnung, wo die Infos herkommen? Wenn man seine Geschwindigkeit über Grund (z.B. mit GPS gemessen) vergleicht mit der aerodynamischen Geschwindigkeit bekommt man zwar eine Differenz, aber der Wind ist ja eine 2-dimensionale Größe mit Betrag und Richtung. Wo kommen da die zusätzlichen Infos her? :help::help:
Bräuchte die Info für meine Diplomarbeit.

Vielen Dank schon mal für eure Hilfe!

Schönen Tag noch!!

Grüße
mic13
 
Wenn man seine Geschwindigkeit über Grund (z.B. mit GPS gemessen) vergleicht mit der aerodynamischen Geschwindigkeit bekommt man zwar eine Differenz, aber der Wind ist ja eine 2-dimensionale Größe mit Betrag und Richtung.
Eben wie Du selber sagst. Geschwindigkeit und Richtung.
Also:
Groundspeed zu True Airseed
Heading zu Track.
chk6
 
Kurze Antwort vorab, heute abend ausführlicher.

Am einfachsten kann man sich das ganze als Vektor-Addition folgender 3 Vektoren vorstellen:

1. Airvector - Heading / Airspeed
+
2. Groundvector - Track / Groundspeed
=
3. Windvector - Winddirection / Windspeed

Sind diese Begriffe und ihre Bedeutung bekannt?

Gruß MAX
 
@Max: Die dritte Dimension wäre die Auf-/Abwindkomponente. Nachdem diese lokal stark schwankt (=Turbulenzen) und im Mittel vernachlässigbar ist, hast du - wie immer - vollkommen Recht...

Um allen hier vorhandenen Ansprüchen gerecht zu werden, können wir uns vielleicht beim Wind auf ein Vektorfeld R³ -> R² einigen? ;D:dead:
 
Ich bin ja nur 'gnadenloser Anwender' dieser wie anderer Spielereien. Aber denoch möchte ich behaupten, dass der Wind in der Praxis und auch im Kontext der hiesigen Fragestellung als rein zweidimensional wahrgenommen wird. Oder etwa nicht?

Gruß MAX
1) Ist das so? Bist Du schon mal in Innsbruck bei Föhn gelandet? ;D
Nur weil das ND das nicht darstellen kann... ;)

D.h. außerdem sprachsektionistisch: Du als Pilot nimmst den Wind garantiert anders wahr, als der Windpfeil
auf dem ND ihn Dir anzeigt.

2) Genaugenommen stellt das ND

* entweder die zweidimensionale Projektion (auf die LNAV-Ebene) eines normierten Pfeiles dar (einheitliche Länge), der
aus der gesamten dreidimensionalen Diskrepanz der dem FMS bekannten Bewegungsdaten (Steuerkurs, Vario, TAS/CAS
versus IRS) gewonnen wird,

** oder das FMS ignoriert systematisch Informationen die oben und unten betreffen (also VNAV) und stellt wiederum
seinen zweidim. normierten Pfeil in Bezug zur Flugzeuglängsachse zur Verfügung, der jeweils (in beiden Fällen) mit
seinem Betrag als Zahl versehen ist.

Statt der Zahlenangabe könnte der Pfeil auch in der Länge variieren, dennoch bliebe der Pfeil zweidimensional. Die
Zweidimensionalität hat aber nicht "Richtung" und Betrag als Komponenten ...

Wind ist ja eine 2-dimensionale Größe mit Betrag und Richtung.

... sondern die beiden Komponenten sind parallel zur Flugzeuglängsachse und orthogonal dazu definiert.
D.h.: Jede einzelne Komponenete hat eine Richtung (Basisvektor), und hat einen Betrag. (Also vier mathematische
Informationen, aber nicht vier Dimensionen
.)


Der Betrag eines Vektors zählt nicht als Dimension:
Kommt ganz auf das Koordinatensystem an ;) ...

Der Betrag desselben Vektors ist unabhängig von seiner Basis. Die Basis ist frei wählbar.
Der Betrag der einzelnen Komponenten ist abhängig von der gewählten Basis.

Ein Vektor V in einem n-dimensionalen Raum mit n Komponenten habe den Betrag B. Der Betrag B ist Ergebnis einer
Rechenvorschrift, die auf die n Komponeneten des Vektors angewandt wurde.

Wenn ich nun dem n-Tupel V den Betrag B als Komponente per Definition hinzufüge, erhalte ich ein (n+1)-Tupel.

Das n-Tupel V und das neugeschaffene (n+1)-Tupel können aber nicht Elemente desselben Raumes sein:

Wenn der (n+1)-Raum ein echter ist, heißt das, daß er (n+1)-Dimensionen hat, und das heißt, daß das (n+1). Element
unabhängig veränderbar sein muß:

Die Definition des Betrages, der Betragsfunktion (welche auch immer es sei) bestimmt aber gerade, das unser neues
(n+1). Element aus den n ursprünglichen ermittelt wurde, also eindeutig ist.

Wenn ich das (n+1). Element also heranziehe, um eine (n+1). Dimension zu definieren, ist die Betragsdefinition in
Bezug auf das Ursprungselement V verletzt, weil im Falle einer (n+1). Dimension das (n+1). Element des (n+1)-Tupels
nicht mehr eindeutig, sondern beliebig ist.

Daher kann der Betrag eines Vektors nicht als Dimension "gezählt" werden.


@Max: Die dritte Dimension wäre die Auf-/Abwindkomponente. Nachdem diese lokal stark schwankt (=Turbulenzen) und im Mittel vernachlässigbar ist, hast du - wie immer - vollkommen Recht...



Wie vernachlässigbar die Höhenschichtung des Windfeldes gerade bodennah ist, sieht man überdies immer wieder sehr
schön an Flugzeugen, die bei der Landung "zu kurz kommen", wie es so schön heißt.

... Bin ein paar Monate studientechnisch auf Entzug, das muss man irgendwie kompensieren. ...

Freiwillige vor.
 
Sollte dem Fragesteller an einer igenieursmässigen oder/und wissenschaftlich 110% korrekten Auskunft gelegen sein, kann ich damit leider nicht dienen, bin hier nur der 'DAU'.:p

Ebensowenig kann und will ich mich an akademischen Grundsatzdiskussionen beteiligen, obwohl (oder weil ;D) ich auch mal die T(heoretische) U(niversität) München für ein paar Semester von innen gesehen habe.

Zur praktischen Seite der Fragestellung:

Das ganze Thema Wind/Winddreiecke/Windberechnung nimmt in der theoretischen Ausbildung einen großen Stellenwert ein. Für den ATPL muss die Lösung rechnerisch und zeichnerisch beherrscht werden, zu meiner Zeit die rechnerische Lösung auch noch mit dem berühmten 'Drehmeier' (Aristo Aviat, log. Rechenscheibe, feines Teil!).

Grundsätzlich ist fliegerisch zwischen 2 Aufgabenstellungen zu unterscheiden. Auf die Differenzierung zwischen True-, Magnetic- und Compass-Heading sowie zwischen True-, Indicated- und Calibrated Airspeed verzichte ich der Einfachheit halber und verwende nur True-Werte.

1. Flugplanung: Bekannt sind Windvector (WA/WS) sowie Track (TT) und Airspeed (TAS), gesucht ist der 'Wind Correction Angle', sprich welches Heading muss ich fliegen, muss, um trotz Seitenwindkomponente meinem gewünschten Track zu folgen.

2. Driftbestimmung: Bekannt sind Groundvector (TT/GS) und Airvector (TH/TAS), gesucht ist der Windvector. Dies kommt m.M. der Fragestellung schon ziemlich nahe.

Die Airspeed kommt in einem modernen Airliner vom 'Air Data Computer'. Die Navigationsdaten, sprich das Heading, der Track sowie die Ground Speed kommen aus dem FMS, welches von unterschiedlichen Sensoren gefüttert werden kann.

Das Verständnis für das Zustandekommen der aktuellen Positionsdaten aus einem Mix von IRS-, GPS- sowie VOR/DME-Signalen fehlt selbst vielen Kollegen, da die Funktionsweise recht komplex ist. Daher nehmen wir einfach mal an, es handelt sich um GPS-Daten ohne BIAS, ohne Update.

Anhand dieser 4 Daten (TH/TAS-TT/GS) wird dann permanent der Windvector errechnet und meist auf dem Nav Display zur Anzeige gebracht. Da die Airspeed ohne nennenswerten Fehler ermittelt wird, wird die Windanzeige relativ genau stimmen, solange die Qualität der NAV-Daten gewährleistet ist.

Sehr schön zu sehen ist der Unterschied zwischen guter und nicht so guter Qualität der Nav-Daten beim Vergleich der Non-GPS zu den GPS-Fliegern in unserer Flotte. Bei ersteren kommen die Daten nur aus dem IRS, dessen Position über automatische Updates (mit DME oder/und VOR-Stationen) nachgeführt wird. Wenn die Dinger mal ein paar Stunden laufen, dann kommte es hier teiweise zu recht erheblichen 'residual Groundspeeds', also wird bei Stillstand des Fliegers am Boden noch eine (fälschliche, zu Hohe) Groundspeed angezeit, welche natürlich in diesem Fall auch die Windberechnung verfälschen würde. Ab einem bestimmten Wert ist dann vor dem nächsten Flug entweder ein Quick oder ein Full Allignement der IRSse nötig.

Die GPS-Flieger nehmen nur GPS-Signale fürs Update (solange GPS verfügbar) und zeigen eigentlich immer richtig an.

Besonders hinderlich ist das bei einem 'alten' (Non-GPS) Flieger im Hinblick auf die sehr hilfreiche Groundspeed-Mini-Funktion, welche im Anflugs die Targetspeed automatisch erhöht. Dabei wird die Differenz der Headwind-Komponenten des Bodenwindes (aus der ATIS, im FMS eingegeben) und des aktuellen Windes genommen und auf die V app aufgeschlagen. Ist der aktuelle (berechnete) Wind signifikant falsch, stimmt natürlich auch die V app nicht. Bei Interesse kann ich gerne mehr zu dieser wirklich tollen Funktion des A320 schreiben.

Das wär's jetzt mal fürs erste gewesen, bei Interesse bitte konreter nachfragen!

Gruß MAX

PS. Das ganze Thema Wind ist extrem vielfältig und interessant. Für alle Begeisterten noch eine Quizfrage zum Abschluss, vollkommen theoretisch und unter Annahme von Idealbedingungen.

Ein bereits im Flug befindliches überfliegt Punkt A Richtung Punkt B. Die hierfür benötigte Zeit wird gemessen, dann kehrt der Flieger um und fliegt die gleiche Strecke in die andere Richtung, wieder wird die Zeit zwischen den Überflügen gemessen.

Gegeben:
Entfernung A-B = 300 km
TAS des Fliegers = 100 km/h
Der Kurs von A nach B beträgt 90°, der Gegenkurs also 270°

Fall 1: Es herrscht absolute Windstille
Fall 2: Der Wind weht konstant mit 270°/50 km/h

Gesucht:
Berechnen Sie die Gesamtflugzeiten A-B B-A (jeweils Überflug bis Überflug)!

Sind die Zeiten in Fall 1 und 2 gleich?
Wenn ja warum, wenn nein warum nicht?

Viel Spaß ;D
 
Soll ich gleich lösen, oder erstmal die Leute ein wenig tüfteln lassen?

Ich gebe meine Stimme schon mal für "Nicht gleich" ab. Mit Wind dauerts immer länger.
 
Servus zusammen!

erst mal schon ein herzliches Dankeschön an alle Antwortenden! Schön dass sich die Diskussion so entwickelt, aber meine Kernfrage zielte eigentlich lediglich darauf ab, ob man zur Ermittlung des Windes GPS braucht, oder ob da sauch z.B. nur mit IMUs geht.

@Slam Dunk: Vollkommen richtig.
Ich hab das in meiner ursprünglichen Frage leider schlecht formuliert... bei mir aufm Papier stand immer V und Phi, wobei v natürlich schon ein 3-dimensionaler Vektor ist, d.h. es geht tatsächlich um 4 Unbekannte.

@Max: Vielen Dank (mir sagen die Begriffe auch alle was) aber das Problem lag beim Airvector: kennt man alle 3 aerodynamischen Geschwindigkeiten? Meiner Meinung nach nicht, man kennt nur die Airspeed. Man braucht also noch 2 zusätzliche Infos wie z.B. Anstell- und Schiebewinkel. Steht dem Flugcomputer das zur Verfügung? Dann könnte man das alles wieder ausrechnen, auch wenn der Wind 3-dim angesehen wird.

@Machrihanish: Deinen Ausführungen zu den Vektoren kann ich leider nicht ganz zustimmen. Um es mal ganz penibel aufzuarbeiten ist eine Vektor nur ein Element eines Vektorraumes. Was du mit Dimension des Vektors bezeichnest ist strenggenommen die Dimension deiens Vektorraumes.
Kann nun der Betrag als Dimension gezählt werden? Ja, kann er. Beispiele dafür, wie schon erwähnt, Kugel- oder Zylinderkoordinaten, im 2-dim Polarkooridnaten oder wenn du nur einen eindimensionalen Vektorraum hast, dann kann natürlich die einzige Dimension z.B. die Norm deiner Vektoren sein. Wenn ich dich mit noch mehr Penibilitäten nerven soll dann darfst du mir gerne eine PM schicken ;D
 
zeitliche Überschneidung ;D:

Vielen Dank Max für die wie immer sehr fundierten Erklärungen!!
Ich darf also deiner Aussage entnehmen, dass die Windanzeige in non-GPS Fliegern, sofern vorhanden, nicht immer sonderlich zutreffend ist, um gleich mal auf den Punkt zu kommen.
Die GS-Mini-Funktion klingt sehr interessant, würde mich wieder sehr interessieren wenn du dazu, wie angeboten noch etwas mehr schreiben könntest.
Sind die non-GPS Flieger ein bestimmter Flugzeugtyp oder sind das einfach "alte" Maschinen, die (noch?) nicht nachgerüstet wurden?

Deine Aufgabe lass ich mir morgen mal durch den Kopf gehen. Man is natürlich versucht zu sagen gleich lang aber dann wärs ja witzlos ;D;D

Schönen Abend noch allerseits!!

VG
mic13
 
@Max: Vielen Dank (mir sagen die Begriffe auch alle was) aber das Problem lag beim Airvector: kennt man alle 3 aerodynamischen Geschwindigkeiten? Meiner Meinung nach nicht, man kennt nur die Airspeed. Man braucht also noch 2 zusätzliche Infos wie z.B. Anstell- und Schiebewinkel. Steht dem Flugcomputer das zur Verfügung? Dann könnte man das alles wieder ausrechnen, auch wenn der Wind 3-dim angesehen wird.

Da geht es jetzt schon etwas ins Detail. Meines Wissens wird der Anstellwinkel über die AOA-Sensoren (oder Alpha-Sensoren) noch herausgerechnet und korrigiert.

Der Schiebewinkel wird in diesem Zusammenhang einfach ignoriert bzw. mit 0 angesetzt, weil es auf Serienfliegern keine Beta-Sensoren gibt, diese gehören m.W. nur zur Testinstrumentierung während der Flugerprobung.

Sämtliche Windmessungen während nicht 100% koordinierter Flugzustände sind also mit großer Vorsicht zu genießen. Dies heißt leider auch, dass die im Cockpit angezeigten Wind-Daten bei starkem, turbulenten Wind in Bodennähe für'n Ar**** sind.

Das Thema hatten wir schon mal bei der Diskussion über den LH-Incident in HAM gestreift. Da ging es darum, ob man denn die angezeigten Winddaten benutzen kann, um festzustellen ob man die max. Seitenwindkomponente überschreitet oder nicht. Fazit: Vergiss es! Der Thread ist hier...

Ausserdem gibt es hier einen im Hinblick auf Deine Frage sicherlich sehr interessanten Untersuchungsbericht zur Crash-Landing einen Transavia B757 in AMS, bei der auch starker Wind eine Rolle spielte.

Viele Grüße, MAX
 
Ich hatte auf einem meiner letzten SEF die schöne Beobachtung, dass auf beiden ND´s extrem unterschiedliche Winde angezeigt wurden. Auf der linken Seite kam der Wind aus etwa 10 Uhr , beim F/O aus etwa 2 Uhr. Die Windgeschwindidkeit lag auch etwa 10kt auseinander...
Wirklich sehr verlässlich im shortfinal:thbup:

p.s.
Der vom TWR gemeldete Wind lag irgendwo dazwischen...
 
Kommt ganz auf das Koordinatensystem an ;)

...
Kann nun der Betrag als Dimension gezählt werden? Ja, kann er. Beispiele dafür, ...

Beispiele alleine sind nicht hinreichend, die Aussage zu bewerten, ich habe daher einen mir wohlbekannten
Mathematiker-Physiker befragt:


Frage:

es läuft im moment auf die frage hinaus: kann man im allgemeinen annehmen, der betrag (oder ev. sogar
eine andere norm?) sei eine komponente der objekte eines raumes, konstituiere mithin eine dimension eines
beliebigen raumes.

den 3-dim anschauungsraum kann man ja offens. so formulieren, basistransformieren, daß in dieser
darstellungsweise eine komponente der objekte ihr betrag ist.

ist dies nun verallgemeinerbar?

Antwort:

Erster Absatz: Ja.

Zweiter Absatz: den 3dim Anschauungsraum ohne den Ursprung, dann Ja.

Dritte Absatz (der eine Satz): Ja, auf beliebige, endliche Dimensionszahlen. Stichwort: n-dimensionale
Kugelkoordinaten (1x Betrag, n-1 Polarwinkel). Dem Ursprung ordnet man r=0 zu und schweigt sich über die
numerische Größe der Polarwinkel aus. (Ein notorisches Problem, though.)


Falsch ist daher meine in #10 in grau gesetzte Argumentation, die das Gegenteil behauptet. Man muß aber
einschränkend bemerken, daß nur die "Sichtbarkeit" oder direkte Ablesbarkeit in einer eigenen Komponente
(wie dem Radius eines polaren Koordinatensystems) des Betrages eines linearen Objektes abhängig ist von der
jeweiligen gewählten Basis, nicht hingegen die Tatsache, daß der Betrag dieser Objekte regelmäßig eine ihrer
Dimensionen konstituiert, da ein Raum durch Angabe einer beliebigen Basis wohlbestimmt ist.
 
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