Laissez les bon temps rouler - USA 2024

martin67

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Hallo zusammen,

vielleicht hat mich jemand vermisst, vielleicht auch nicht. Mich gibt es noch, auch wenn ich schon lange nichts mehr geschrieben oder Bilder vom Zaun gezeigt habe. Ein paar Leute wissen, daß ich da nach wie vor regelmäßig mit der Kamera zu finden bin. Allerdings habe ich momentan ein Problem technischer Art, daß ich Bilder nicht so bearbeiten kann, wie ich das möchte. Und da meine Spotterbilder meistens irgendwie schief sind, naja....

Reisen habe ich nicht aufgegeben, obwohl da mit der Coronapandemie eine kleine schöpferische Pause nötig war und sich die Familienurlaube eher an der Italienischen oder Kroatischen Adriaküste abgespielt haben. Nach vier Impfungen und einer Infektion sollte dieses Thema aber, wenn auch nicht durch, dann doch zumindest seinen Schrecken verloren haben, man darf wieder fast überall hin, und ich habe jetzt auch mal wieder was zu erzählen.

Prolog

Erst einmal ein Blick zurück in die Vergangenheit. Im Herbst 1993 habe ich mich mit einem guten Freund zu meiner zweiten USA-Reise aufgemacht, von New Orleans sollte es über Galveston, San Antonio nach El Paso gehen, dann in Richtung Norden über Albuquerque, Santa Fe nach Denver. Vor Dort mit dem Flieger nach Chicago, dann wieder nach Hause. Ich hatte seinerzeit über meinen Arbeitgeber die Möglichkeit, günstig an Airline-Tickets zu kommen, das habe ich versucht, so gut wie möglich zu nutzen. Gebucht waren wir auf Continental Airlines von MUC nach Newark, dann weiter nach New Orleans. Der Sommer 1993 dürfte, wenn ich mich recht erinnere, der letzte gewesen sein, in dem Continental MUC-EWR geflogen ist, bevor es dann weit nach der Jahrtausendwende ein Revival gab. Diese Reise war auch die erste ab MUC II (das war seinerzeit der gängige Name für unseren Airport, erinnert sich wer? FJS konnte sich nie durchsetzen), nach dem ich im Vorjahr gerade noch rechtzeitig ein paar Tage (2 oder so?) vor der Schließung von Riem aus USA zurückgekommen war. Interessant ist vielleicht noch ein nostalgischer und etwas wehmütiger Blick auf unser damaliges Fluggerät, nach Newark eine DC10-30 und weiter nach New Orleans war es eine Boeing 727-200.

In New Orleans waren wir in einem Backpacker's, einer Art Hostel, untergebracht, im schönen Garden District. Der Laden hatten den Namen "Old World Inn" und war eine einfache, aber recht schön eingerichtete Unterkunft zum Wohlfühlen, mit verwinkelten Gängen und alten Plüschsofas in den Sitzecken. Wir waren am ersten Morgen gerade beim Frühstück, Kaffee, Orangensaft, Toast und Cerials, da kam ein Mädchen herein, und setzte sich an einen Nebentisch. Wir kamen ins Gepräch, tourten gemeinsam zu dritt durch die Gegend und haben zwei Tage später Adressen ausgetauscht. Die besagte hübsche Dame kam aus Japan und war ebenfalls auf einer Rundreise. Wir blieben in Kontakt, es kam Eins zum Anderen, und sind mittlerweile seit gut 17 Jahren glücklich verheiratet.

Zeitsprung ins Jahr 2024

Das Ganze ist jetzt gut 30 Jahre her, ein Grund genug zum Feiern. Letztes Jahr gings nicht, da durften wir alle zusammen das erste Mal wieder nach Japan. Das hatte natürlich Priorität. Aber, wir sind noch im 30. Jahr, da wollten wir "back to the roots". Also, auf nach New Orleans, und weil es gerne etwas mehr sein darf, auch noch Houston mit dazu, und San Antonio. Ein bisserl von dem, wie damals. Gebucht hatten wir ein etwas seltsames Routing MUC-AMS-ORD-MSY. Nach Amsterdam auf Air Dolomiti, dann alle weiteren Flüge mit United Airlines. Rückflug MSY-IAH-MUC. Als Hallbergmooser haben wir am Vorabend schon mal die Koffer abgegeben und eingecheckt. Und dann, meine Frau, meine Tochter und ich den Wecker (drei Stück an der Zahl) am Morgen verschlafen. Beim Aufwachen war es schon fast 5 Uhr, um halb 7 sollte der Flieger gehen. Damit war die günstige Bus/S-Bahn Kombi hinfällig und wir haben unsere letzten im Haus vorhandenen Euros in ein Taxi gesteckt. Zeitlich hat das gerade so gepasst, wir mussten ja nur noch durch die Sicherheitskontrolle. Aber ein Kaffee vor dem Stress wäre vielleicht ganz gut gewesen...

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In Amsterdam hatten wir reichliche 3 Stunden Umsteigezeit. Zwischen Concourse D und E hängt diese komische Uhr. Der Mann hinter dem Zifferblatt malt jede Minute die Zeiger neu auf.

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Das ganze ist eine Kunstinstallation, der Effekt ist verblüffend. Falls jemand nach AMS kommt, einfach mal ein paar Minuten zuschauen.
Schiphol Clock

Und dann war auch schon bald unser Dreamliner nach Chicago zum Einsteigen bereit.

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Amsterdam-Chicago dauert keine Ewigkeit, man ist eigentlich recht schnell drüben. Allerdings hatten wir dort 7 Stunden Aufenthalt. Das Einreiseprozedere ging erstaunlich zügig und die Koffer haben sie uns auch gleich wieder abgenommen und für den Weiterflug eingecheckt. Kennt noch jemand den Dreiteiler "Wilder Westen inklusive" aus 1988? "Germans back...!" Den haben wir uns vorsorglich nochmal vor dieser Reise angeschaut, um auf wirklich alles vorbereitet zu sein.

6 Stunden Aufenthalt waren noch übrig, das Tagesticket für 3 US$ pro Person für die "L" (die Hochbahn) war gleich gekauft und wir sind zur Einstimmung grad mal nach Downtown gefahren. Die "L" erinnert mich immer an Blues Brothers...

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Und die Straße unter den aufgeständerten Gleisen ebenfalls, warum habe ich da immer das Bild mit den geschrotteten Polizeiautos im Kopf? Und vor allem, warum habe ich genau diese Massenkarambolage genau an dieser Stelle fast erwartet? Es ist nichts passiert....

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Ich mag Chicago. Eigentlich mag ich Chicago mehr als New York, weil in Chicago die Wolkenkratzer enger stehen und damit viel eindrucksvoller wirken. Die beiden Maiskolbenhäuser haben mir als kleiner Bub schon imponiert, als ich in einem Buch die Bilder vom Bau gesehen hatte. Das Wetter war perfekt und für unsere Tochter war es sicher ein gelungener Einstand in den USA

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Neben den Parkmöglichkeiten für das Automobil hat man hier auch noch Unterstellplätze für das Motorboot. Mein Haus, mein Auto, mein Boot.... Das mag im Zentrum von Chicago fast zutreffen, die Menschen, die hier leben, dürften ein dickeres Portemonnaie herumtragen.

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Die Stunde am Fluss war schön. ich habe noch aus der Vergangenheit viele gute Erinnerungen an Chicago.

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Und mit dem letzten Bild endet auch schon der erste Teil dieses Berichts. Bei der Ankunft in O'Hare haben wir unsere Bahntickets, noch einem jungen Pärchen aus Österreich geschenkt, die sich gerade ein bisserl hilflos am Fahrkartenautomaten zu schaffen gemacht haben.

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Weiter gehts in Kürze, 2000km weiter südlich in Louisiana......
 
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Der Flug von Chicago nach New Orleans dauert ungefähr gute zwei Stunden. Das hat unsere Boeing 737-Max ganz gut hingekriegt. 45 Minuten vor Ankunft kam eine Durchsage mit der Frage nach einem Arzt an Bord. Ich habe mich nicht gemeldet, bin ja keiner. Aber eine Dame hatte wohl eine Ausbildung zur Krankenschwester, die konnte dem in Not geratenen Passagier an Bord mit Rat und Tat zur Seite stehen, auch dem Kabinenpersonal, das mit der Situation etwas, sagen wir, gestresst gewirkt hat (vorsichtig ausgedrückt...). Zumindest mussten wir nicht nochmals irgendwoanders einen Stop einlegen.

Vom Airport sind wir dann mit dem Taxi in die Stadt rein, das ist mit drei Personen günstiger, als mit dem Hotel Shuttle. Und nach 21 Stunden auf den Beinen wollten wir alle drei langsam eine waagrechte Position einnehmen. Wir waren in den "Quarter House Suites" in der Rue Chartres untergebracht, das sind so eine Art Ferienwohnungen für Selbstversorger, nur am Sonntag wurde ein Frühstück angeboten. Unser Domizil bestand aus einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer mit kompletter Küche und einem Bad mit Waschmaschine und Trockner. Die Lage ist direkt im French Quarter, was im "Extremfall" mehr oder weniger dreimal Umfallen von der Kneipe bis ins Bett bedeutet. Also wirklich zentral, da wo der Punk abgeht. Und alles sogar recht erschwinglich.

Am nächsten Tag, das war der Donnerstag (01.08.) war unser erster Gang zu einem Laden, bei dem wir den Kühlschrank füllen konnten. Milch für den Kaffee, Zucker, irgendwelche Cornflakes, Brot, Wasser, Orangensaft und für den Abend ein paar Dosen Bier. Gabs alles, über die Preise waren wir dann doch etwas erstaunt. Nach dem Frühstück sind wir los, die Umgebung erkunden.

Das French Quarter, also das Französische Viertel, ist die Altstadt und das Ausgehviertel. Da finden sich unzählige Kneipen, Restaurants, Clubs, Shops, Massagesalons... Morgens wird meist noch etwas saubergemacht, an der einen oder anderen Ecke riecht es noch seltsam, ab Mittag spielen aber schon wieder die ersten Bands. Bei 36°C waren tagsüber aber eher wenig Leute auf der Straße.

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Es ist ein malerisches Viertel mit kleinen, bunten Häusern und schmiedeeisernen Balkonen, hier und das sieht man dann doch, daß Voodoo weit verbreitet ist, vielleicht auch touristisch zelebriert wird.

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Es macht viel Spaß, da herumzulaufen und, zu schauen. Und wenn dann die Hitze zu sehr drückt, geht man einfach in eins der Geschäfte zum Stöbern, bis einen die Klimaanlage wieder etwas abgekühlt hat.

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Und ganz am Ende des French Quarters kommt dann der French Market, eine offene Markthalle. Da gibt es dann kleine Snacks (z.B. Gator Sticks) und kühle Getränke, T-Shirts, Voodoo-Kram und alle anderen Souvenirs, die man vielleicht vorher schon etwas teurer im French Quarter gekauft hat.

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Wenn es dann langsam Abend wird, sind auch die Leute von der vergangenen Nacht wieder nüchtern und wach, dann macht sich schnell Partystimmung breit. An vielen Ecken spielen Straßenmusiker, in fast jeder Kneipe eine Band. New Orleans, ach so, noch ein kleiner Einschub, die Aussprache ist hier nicht "Nju Or'liens" (Betonung auf der letzten Silbe), sondern sowas wie N'Awlens. New Orleans (also, N'Awlens ;)) bezeichtet sich selbst als "Birthplace of Jazz", das heißt aber nicht, daß man hier nur Jazz hören muss. Aus St. Louis kam der Blues, aus Nashville Country, es gibt Rock, Rythm & Blues, Zydeco undundund. Ab dem späteren Nachmittag ist da schon eine, der Bayer würde sagen "a rechte Mett'n". Viel richtig gute Live-Musik, daß es schon fast schwerfällt, sich für eine Kneipe zu entscheiden. Und für genau die hat es noch die oben erwähnten Straßenmusiker. Ich lasse jetzt mal nur Bilder sprechen.

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Die Trompetenlampen fand ich hübsch.

Morgen machen wir dann einen kleinen Ausflug mit der Tram.
 
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Eigentlich darf man ja in New Orleans "Tram" nicht sagen. Die Straßenbahn heißt dort "Streetcar". Und sie ist alt. So alt, daß sie unter Denkmalschutz steht. Ab 1831 begannen die Planungen für ein schienengebundenes öffentliches Nahverkehrsnetz. Im Jahr 1835 wurde die Linie eröffnet, die heute die St. Charles-Linie ist. Damals war das noch eine dampfbetriebene Vorortbahn. Die Elektrifizierung erfolgte im Jahr 1893. Damals war eigentlich USA noch Wilder Westen, mehr oder weniger. Wenn man hier noch bedenkt, daß in Deutschland der erste Zug ebenfalls im Jahr 1835 fuhr und Werner von Siemens seine erste elektrische Lokomotive 1879 vorgeführt hat (die steht im Deutschen Museum in München und hat ungefähr die Größe von einem Aufsitzrasenmäher). Gut... Die Straßenbahn von New Orleans ist der älteste durchgehend betriebene (abgesehen von kurzen Unterbrechungen durch ein paar Naturkatastrophen) Straßenbahnbetrieb der Welt. Das macht ihn zu einem Wahrzeichen der Stadt und natürlich auch zu einer Touristenattraktion, um so mehr, als daß die eingesetzten Wagen auf der St. Charles-Linie fast durchweg 100 Jahre oder älter sind. Die stammen von der Firma Perley A. Thomas und wurden in 1923-24 angeschafft. Die Verkehrsbetriebe haben über die Jahrzehnte eine Werkstatt aufgebaut, die alle Ersatzteile für die alten Wagen selbst anfertigen kann.

Zwischendurch ein kleiner Blick zurück auf meinen ersten Besuch vor 30 Jahren. Damals gab es in New Orleans nur zwei Strecken. Die St. Charles-Linie und die erst 1988 eröffnete Riverfront Line, die seinerzeit vom French Market bis zur Riverwalk Shopping Mall lief. Die beiden Linien völlig voneinander getrennt und hatten sogar unterschiedliche Spurweiten. Auf der Canal Street lagen damals noch die alten Gleise, die aber seit 1964 stillgelegt waren, die Oberleitung war seinerzeit abgebaut. Letztendlich war das aber ein Glücksfall, denn man hat in den 2000er Jahren die Strecke reaktiviert, die Riverfront Line auf Breitspur umgespurt und mit dem restlichen Netz verbunden, eine neue Linie zum Union Passenger Terminal (Bus und Bahn) gebaut. Mittlerweile gibt es wieder viele Linien, die sicher einen wertvollen Beitrag in lokalen Nahverkehr leisten. Viele neue Wagen wurden angeschafft. Um ein einheitliches Bild zu bieten, wurden die alten Perley Thomas Bahnen optisch nachgebaut, innen werkelt neben solider Skoda-Antriebstechnik auch eine Klima-Anlage und ein Rollstuhl-Lifter ist auch vorhanden.

Und jetzt fahren wir mal die St. Charles runter, mit einer 100-jährigen Tram (die ja eigentlich Streetcar heißt). Die Strecke beginnt an der Canal Street gleich beim French Quarter.

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Über die Jahre ist das alles recht zugewachsen und sieht wie ein modernes Rasengleis aus. Das wird übrigens auch gerne von Joggern genutzt.

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Innen in der Bahn sieht es so aus. Alle Fenster sind offen, macht Sinn bei 36°C. Die Sitze sind aus Holz und man kann die Lehnen umklappen, damit man immer in Fahrtrichtung sitzt. Eigentlich könnte man meinen, bei diesen klimatischen Verhältnissen wäre die Arbeit als Fahrer kein wirklich attraktiver Job. Mein Eindruck war aber eher, daß die Fahrer viel Spaß mit der alten Technik haben und stolz darauf sind. Übrigens ist das im oberen Drittel der Fenster laufende Kabel dazu da, den Ausstiegswunsch an der kommenden Haltestelle zu platzieren. Einfach kurz dran ziehen, dann macht es "bing" und eine Leuchtschrift sagt "Stop Requested".

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Die Strecke führt durch den Garden District, das ist ein hübsches Viertel mit den Häusern der "Geldigen".

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Und hier ist die Endstation nach irgendwas um die 60 Haltestellen. Hier wird das "Stangerl" (der Stromabnehmer) getauscht. Der vordere wird an einem Seil heruntergezogen und in einen Haken eingehängt, dann der in Fahrtrichtung hintere in die Oberleitung eingefädelt.

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Auf dem Rückweg kann man z.B. bei der Universität aussteigen, gegenüber ist der Audubon Park und hinter dem Park der Zoo.

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Dann ein paar (viele) Stationen weiter sind wir nochmals ausgestiegen. Gleich in der Nähe ist die Adresse "1330 Prytania St,". In diesem Gebäude war vor 30 Jahren jenes Hostel für Backpackers mit dem Namen "Old World Inn", in dem ich meine heutige Frau kennengelernt habe. Unten rechts im EG war der Frühstücksraum. Oben links neben dem Balkon war mein Zimmer. Wenn ich mit recht erinnere, hat diese Herberge den Sturm Katrina in 2005 nicht überlebt, als fast die komplette Stadt geflutet war.

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Heute sind im ersten Stock Appartements, unten ist eine Bar und Restaurant mit dem Namen "Beggar's Banquet". Wir haben da etwas getrunken und ein wenig mit der Bedienung gequatscht. Die fand unsere Geschichte aufregend, wusste aber wenig über die Vergangenheit des Gebäudes.

An der Endstation, siehe auch das erste Bild, das ist an der Wendeschleife Canal St., hat man Anschluß an die roten Wagen der anderen Linien. Ein Teil kommt von der Riverfront und fährt zum Passenger Terminal, andere fahren zu den Cemetries oder zum City Park.

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An der Endstation "Cemetries" sind wir wieder raus...

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....und haben uns etwas umgesehen.

Noch ein kleiner Hinweis, ich habe die Bilder etwas kleiner eingestellt, die großen haben mir nicht so gefallen. Leider kann ich die Bilder der oberen Beiträge nicht mehr austauschen.
 
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Also, wir haben uns umgesehen. Das erste was auffiel, war ein Polizeieinsatz. Irgend jemand hatte wohl einen nicht ganz legalen Wechsel von Besitzverhältnissen vorgenommen. An den Bahnstationen und Bushaltestellen kommt es häufig zu einer Konzentration von etwas eigenartigen Menschen.

Aber eigentlich wollten wir etwas anders sehen. Der Name der Haltestelle war "Cemeteries", was ganz einfach mit "Friedhöfe" übersetzt werden kann. Bemerkenswert ist der Plural, denn es gibt hier wirklich eine kleine Ansammlung von Friedhöfen. Und die sind etwas ganz besonders. Die Einheimischen nennen sie "Cities of the Dead", Städte der Toten. Das kommt daher, daß anstelle von Gräbern kleine Häuschen, Schreine oder Mausoleen errichtet wurden und noch werden. Sieht sehr interessant aus und hat einen Grund. Unter New Orleans ist Sumpf, ungefähr 100m tiefer Sumpf. Gräbt man da ein Loch, füllt es sich direkt mit Wasser. Man könnte jetzt ein Grab ausheben und eine Seebestattung vornehmen, ist aber vermutlich nicht jedermanns Sache, insbesondere der Angehörigen. Man stelle sich vor, alle stehen bei der Beerdigung um das Grab herum und der Sarg versinkt im Stil einer Titanic... Nein, das wollen die Wenigsten. Deshalb die Häuschen. Und das schauen wir uns jetzt mal an.

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Leider sperrt der Friedhof schon um 16 Uhr zu, das ist vielleicht denjenigen geschuldet, die an der Haltestelle für ein unsicheres Gefühl sorgen. Oder anderen, die meinen, sie müssten sich mit Vandalismus in die Gesellschaft einzubringen. Die gibt es nicht nur in den USA. Wir waren gegen halb 5 dort, alles versperrt, deshalb sind die gezeigten Bilder durch den Zaun geschossen.

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Man könnte jetzt mit der Tram, sorry, dem Streetcar, wieder die Canal Street runterfahren. ganz am Ende liegt recht dann der Riverwalk Outlet Center, eine Shopping Mall, in der es wie in jeder Mall einen Food Court gibt. Ein Food Court ist ein eigener Bereich in den amerikanischen Einkaufscentern, in dem die ganzen Schnellrestaurants gebündelt zu finden sind. Oft sind da auch die klassischen bekannten Marken dabei. Bei den asiatischen Wok-Buden ist es aber meistens geschmacklich besser, preislich günstiger, und vor allem bekommt man auch Gemüse zum Fleisch.

Der Name "Riverwalk" ist nicht ganz zufällig gewählt, das Outlet Center liegt direkt am "Old Man River" dem legendären Mississippi, der in New Orleans den größten Teil seiner 3778km langen Reise hinter sich hat und gerade einmal 160km weiter südlich in den Golf von Mexiko mündet. Ich weiß nicht, viele von den älteren Lesern haben in ihrer Jugend die Bücher von Huckleberry Finn und Tom Sawyer gelesen. Da ging es um die großen Schaufelraddampfer, die ab dem 19. Jahrhundert diesen Fluß als Handelsroute nutzten, Arbeit und Wohlstand versprachen und als verhältnismäßig schnelles Verkehrsmittel dienten. Diese Schiffe wurden über die Jahre so legendär, daß es heute für touristische Zwecke einige schöne Nachbauten entlang des Old Man Rivers gibt. In New Orleans sind zwei davon stationiert und laden die Besucher der Stadt ein, eine Runde auf dem Mississippi zu drehen.

Das kleinere Schiff ist die "Creole Queen", 1983 in Dienst gestellt.

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Die etwas bekanntere ist die "Natchez" aus dem Jahr 1975, eigentlich mittlerweile das 9. Schiff, das diesen Namen trägt. Die "Natchez" ist ein heckseitig angetriebener Schaufelraddampfer der tatsächlich von Dampf angetrieben wird. An Bord befindet sich übrigens eine Dampforgel, die ab und zu von einem der Besatzung gespielt wird.

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Mindestens bis New Orleans ist der Mississippi auch von großen Schiffen der Post-Panamax Klasse schiffbar und wird auch von seetauglichen Frachtschiffen befahren.

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Was macht man, wenn einem die Speisenauswahl nicht zusagt oder die Mall schon geschlossen hat? Man könnte ins French Quarter gehen und dort die Klassiker der Cajun-Küche ausprobieren. Wir haben das gemacht, auf dem Bild von links nach rechts, Gumbo mit Andouille (gebratene Rauchwurst), Crawfish Etouffee und Jambalaya. Das schmeckt alles hervorragend, mit "viel Scharf und Knoblauch". Dazu ein eiskaltes Bier und alles wird begleitet von einer Band.

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Am ersten Augustwochenende ist in New Orleans das Satchmo-Festival, ein Musikfestival zu Ehren von Louis Armstrongs Geburtstag. Ich denke, daß das zum Thema im nächsten Beitrag werden wird.
 
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Vor der Reise habe ich etwas herumgesucht, was im August in New Orleans geboten ist. Normalerweise ist das die "stade Zeit", touristisch läuft nicht viel. Geschuldet ist das den klimatischen Verhältnissen. Ich hatte ja schon erwähnt, daß die Stadt auf einem 100m dicken Kissen aus Sumpf gebaut ist. Das und die südliche Lage sorgt für ein im Hochsommer sehr unangenehmes Klima aus sehr hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit. Und wir haben uns gewundert, warum die Hotels so günstig sind.....

Aber, New Orleans und seine Einwohner feiern immer, auch im Hochsommer. Nur wenn gerade ein Hurricane im Anmarsch ist, kann es natürlich sein, daß auch hier einmal nicht gefeiert wird. Wir haben das schon länger im Vorfeld beobachtet und uns Alternativrouten für unsere Reise zurechtgelegt. Diese Jahr war es ruhig und es gab ein richtiges Schmankerl.

Der Jazzmusiker Louis Armstrong ist ein Kind der Stadt, der zeitlebens sein Geburtsjahr und -tag geschönt hatte. 1983 fand man heraus, daß der Geburtstag der 04.08.1901 war (genau ein Jahr und ein Monat später als er selbst immer angab). Zu seinem 100. Geburtstag im Jahr 2001 richtete seine Heimatstadt zum ersten Mal das "Satchmo Summerfest" aus, das seither das eh schon üppig ausgestattete kulturelle Leben von New Orleans nochmals zusätzlich bereichert. Wegen der Sommerflaute im Tourismus ist das auch zum überwiegenden Teil ein Fest der Einheimischen. Das Summerfest findet immer an einem Wochenende um den 4. August herum statt und dauert ein ganzes Wochenende. Auf dem Gelände des Jazz Museums in der Nähe des French Quarters werden zwei Bühnen, Imbiss- und Getränkebuden und Souvenirstände aufgebaut. Außerdem ist der Eintritt im Museum zu dieser Zeit kostenlos (da gibt es Konzertsäle, Toiletten und vor allem Klimaanlagen). Über 30 Konzerte von verschiedenen Bands und Solokünstlern, Vorträge, Infoveranstaltungen zum Thema Jazz.... Übrigens alles für umsonst, nicht nur das Museum. Nur am Grillstand und für Getränke muss bezahlt werden, dieser Profit deckt einen Teil der Kosten der Veranstaltung.

Ganz ehrlich, ich bin jetzt kein großer Freund von Jazz. Insbesondere Free-Jazz ist in meinen Ohren eine komisch anmutende Ansammlung von Geräuschen, die mit Musik kaum mehr irgendwas gemeinsam hat. Aber, nachdem Jazz viele Stilrichtungen beinhaltet (in der Schule unserer Tochter war das vergangenes Jahr ein Thema), wollten wir da mal hin. Und als "Freibierlätschn", wenn's nix kost....

Wir waren ja verkehrsgünstig im French Quarter zuhause, da ist alles schnell und einfach per Pedes erreichbar. Auf dem Weg zum Fest kamen wir am alteingesessenen "Café du Monde" vorbei. Der Name ist französisch, weil früher in dieser Gegend französisch gesprochen wurde. Deswegen auch der Titel dieses Reisebericht mit dem Motto der Stadt "Laissez les bon temps rouler - Let the good times roll". Im Café du Monde, das bereits seit 1862 besteht, gibt es seit je her nur Kaffee und Beignets. Keinen Kuchen, keinen Kakao, nichts anderes. Der Kaffee ist eine eigene Mischung aus einer französischen Röstung von Kaffeebohnen und Chikory (botanisch: gemeine Wegwarte oder auch Chikorée), also eine Art Kaffee-Ersatz (vulgo CARO) . Dieser wird hauptsächlich als heißer oder geeister Milchkaffee serviert und schmeckt, verglichen mit anderen amerikanischen Kaffees, recht würzig, ausgewogen und gut. Die Beignets sind ein Gebäck, im Fett herausfrittiert, ähnlich unseren Krapfen. Und weil wir dort waren zur Stärkung, hab ich auch ein Bild vorrätig:

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Man sieht, die verschwinden fast unter einem Berg von Puderzucker. Erkältet sollte man die nicht bestellen, ein Niesanfall und ich möchte nicht wissen, wie der Gegenüber aussieht. Die Kipferl kommen immer frisch und heiß auf den Tisch und sind ein Traum!

Auf dem Fest war schon Stimmung, alle Darbietungen waren von höchstem Niveau.

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Und auch am Sonntag waren wir dabei. Los gings mit der Jazz-Parade, die nach dem Gottesdienst zum Festivalgelände zog. Laut... Lebensfroh... Ekstatisch... Mit viel Percussion. Irgendwie fängt der Körper da von selbst an, mit dem Rhythmus mitzugehen und es reißt einen einfach weg.

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Natürlich war auch auf dem Festgelände wieder jede Menge an Unterhaltung.

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Eigentlich war mein ganz persönlicher Favorit Captain John Royen am Piano. Keine Ahnung, wie viele Hände der in seinem Jackett versteckt hatte. Hut ab vor diesem Musiker, hier auf einem Konzert in San Diego 2019.


Übrigens, Captain John Royen, das ist kein militärischer Rang. Er ist ein richtiger Kapitän und führt mit seinem Schiff Swamp-Touren in der Umgebung durch.

Am Montag morgen gings dann zum Union Passenger Terminal, wo die Greyhound-Busse abfahren, unserer hat uns nach Houston/Texas gebracht. Und das wird das nächste Thema sein.
 
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Früher war Greyhound eine Institution für günstiges Reisen durch die USA. in den 90er Jahren, auf meinen früheren Trips, fuhren noch die legendären silbern polierten Busse mit den blau-rot-weißen Streifen. Ich habe mir in diesen Bussen viele Hotelübernachtungen gespart. Heute gehört Greyhound dem Münchner Busunternehmer Flixbus, die Marke wird aber im Moment noch erhalten. Die Busse sind aktuell taubenblau und grau, fast langweilig im Vergleich zu den Bussen der Vergangenheit.

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Ein Bild von unterwegs, ich glaube, es war Lafayette. Hat auch schon bessere Zeiten gesehen!

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Wir hatten Pech mit dem Bus noch zusätzlich. Irgendwie war die Toilette defekt. beginnend vor dort zog sich eine feuchte Spur am Boden entlang durch den ganzen Bus. Das roch nicht gut. Ich hatte den hintersten Platz direkt neben dem Klo, über dem Motor (da ist es heiß und laut) und zu allem Übel war auch noch die Rückenlehne kaputt und in der Liegeposition arretiert. Für 8 Stunden Busfahrt keine guten Aussichten. Für einen größeren Teil der Mitreisenden war in Baton Rouge die Fahrt zu Ende, ab da herrschte freie Platzwahl. Ein Herr vom "Bodenpersonal" kam herein und hat mit einer Spraydose reichlich Desinfektionsmittel versprüht. Als er die Klotür geöffnet hat, kam ein lautes "oh SHIT". Vermutlich meinte er das im wahrsten Sinne des Wortes... Ganz hat er den Bus nicht geruchlos gekriegt, besser als vorher war es allemal. Und die 8 Stunden Fahrt waren auch irgendwann vorbei. Angekommen in Houston in einer Gegend, in der man nicht tot über den Zaun hängen möchte. Gefühlt alle Greyhound-Stationen der Vereinigten Staaten liegen in den komischen Vierteln. Wir mussten nur über die Straße, von da fährt eine recht neue Straßenbahn in die Innenstadt. Dann noch eine halbe Stunde mit dem Linienbus.

Unser Hotel war das Residence Inn gleich bei der Galleria Shopping Mall. Das ist eine gute Gegend und mit dem Einkaufszentrum hat man auch gleich einen Food Court um die Ecke.

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Das Shopping-Center gehört offiziell zu den Sehenswürdigkeiten Houstons. Es ist groß und in der unteren Ebene befindet sich eine Eislaufbahn. Die ist sogar mit richtigem Eis, nicht mit diesen Gleitplatten aus Kunststoff.

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Vor dem Haus merkt man dann schon, wo man ist, in "Trumpistan". Auch wenn Houston selbst einen demokratischen Bürgermeister hat, fallen hier die vielen Autoposer auf, die mit großvolumigen Motoren und getunten Auspuffrohren zwischen zwei Ampeln versuchen, auf Höchstgeschwindigkeit zu kommen. Für die Anwohner sind solche Hohlbirnen lästig. In den roten Staaten ist das anscheinend eine primitive Art auszudrücken, daß man mit dem Kurs der gegenwärtigen Regierung nicht konform geht.

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Am nächsten Tag wollte unsere Tochter einmal einen Walmart Supercenter besuchen. Da haben wir unseren Bedarf an Proviant aufgefüllt, die Preise waren wesentlich günstiger, als im 7-11 oder Walgreens in New Orleans. Erstaunlich sind für mich immer die Regale mit den Kartoffelchips oder auch die mit den Frühstücksflocken.

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Houston selbst ist eine typische Großstadt und sieht anderen amerikanischen Städten recht ähnlich.

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Übrigens waren die Temperaturen etwas höher, als in New Orleans, allerdings weit weniger feucht. Das Space Center haben wir nicht besucht, wegen der (und hier passt der Begriff) "exorbitanten" Eintrittspreise und der extrem schlechten öffentlichen Erreichbarkeit.
 
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Houston ist jetzt nicht so wirklich die Stadt, die touristisch in den Vordergrund rückt, wenn man die USA im Hinterkopf hat. Eigentlich ist da recht wenig rauszuholen. Gut, das Space Center, das etwas schwer erreichbar ist, man könnte auch eine kleine Auszeit im Urlaub nehmen und nach Galveston an den Strand fahren. Das wäre in einer guten Stunde erreichbar. Haben wir diesmal nicht gemacht. In Houston gibt es aber das Museum of Natural Science. Das ist bei 37 Grand im Sommer erholsam, weil es innen kühl ist. Es ist aber auch eines der meistbesuchten Museen der USA (Wiki sagt Platz 7) und einen Besuch wert, egal welche Außentemperaturen gerade herrschen. Es ist irgendwie vergleichbar mit dem Deutschen Museum in München, mit einem ungewöhnlich hohen Unterhaltungswert. Beeindruckend ist unter Anderem die Sammlung an Saurierskeletten.

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Hier z.B. auch seltene, versteinerte Semmeltierchen, vorher noch nie gesehen o_O.

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Aber auch die Ägyptische Geschichte wird dargestellt, mit eindrucksvollen Displays und sogar einer echten Mumie. Die war ausgepackt und hat nicht so sehr appetitlich ausgesehen.

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Auch sehr ansprechend und informativ war die Abteilung zur Nordamerikanischen Geschichte nebst Flora und Fauna, sowie die Geschichte der indigenen Bevölkerung, die recht realistisch und nicht beschönigend dargestellt wurde.

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Ja, und dann war da noch jenes "Laurie and Reed Morian Cabinet of Curiosities", eine Sammlung von seltsamen Dingen, komischen Tieren, optischen Täuschungen.

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Zusätzlich konnte man über die Erdölgewinnung lernen, einem Pendel zusehen, wie er in seiner Pendelbewegung durch die Erdrotation einen Kreis beschreibt, viele physikalische und chemische Experimente ausprobieren, eine Reise ins innere des Körpers in einem Simulator mitmachen... Eigentlich war der Tag fast zu kurz für diesen Besuch.

Jetzt hatten wir das Museum of Natural Science, die Galleria Shopping Mall und einen Walmart Supercenter. Es gibt aber noch zwei sehenswerte Dinge in Houston. Und die kommen im nächsten Beitrag.
 
Am Rande von Houston Downtown liegt der Sam Houston Park. Er ist dem Herrn gewidmet, der dieser Stadt ihren Namen gab. In diesem Park sind einige Gebäude aus der Frühzeit und der Geschichte von Houston ausgestellt. Die kann man im Rahmen von Touren, die von der Heritage Society angeboten werden, besichtigen. Möchte man das nicht, kann man sie zumindest von außen ansehen und ein bisserl durch die Fenster schauen.

Eines der ältesten Gebäude, dieses soll aus dem Jahr 1823 stammen (das sind nur 12 Jahre, bevor die Straßenbahn von New Orleans ihren Betrieb aufnahm!), ist diese Log Cabin. Sie wurde nach im Laufe der Zeit mehrfach versetzt. und steht momentan auf einer Erhöhung, um Überflutungen vorzubeugen.

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St. Johns Church war eine Evangelisch-Lutherische Kirche, erbaut von deutschen Siedlern im Jahr 1891.

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Auch das folgende soll ein Haus von deutschen Auswanderern sein.

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Sam Houston Park Wikipedia

Die Heritage Society betreibt auf dem Gelände ein kleines Museum mit vielen Bildern aus der Vergangenheit und dem Alltag aus Zentral-Texas. Dazu gehört Rodeo und Bullriding, Lassowerfen, Schafe scheren, Country Music, aber auch Artefakte, wie z.B. ein richtiger Ford Modell "T" und ein nachgebauter "General Store", der wohl so oder ähnlich in der Gegend existiert hat.

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Vom Museum wurden viele Dinge, die man in einem derartigen Laden kaufen konnte, zusammengetragen und entsprechend ausgestellt.

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Es waren wenig Besucher da. Eigentlich hat es nicht den Eindruck gemacht, als wären irgendwann einmal viele Leute gleichzeitig da gewesen oder würden irgendwann einmal kommen. Trotzdem fand ich es sehenswert. Im Laden war der Wilde Westen fühlbar.

Sechs Meter tief unter der Oberfläche von Houstons Downtown gibt es ein Tunnelsystem von knapp 10km Länge, Das ist öffentlich zugänglich und verbindet 95 Straßenblocks, ohne daß man sich der sommerlichen Hitze auf der Straße aussetzen muß. Droht ein Hurricane, wird es geschlossen. An jeder Abzweigung hängen Karten, wo man sich gerade befindet. In den langen Gängen findet man immer wieder kleine Food Courts, Shops, Kioske, die von den Menschen, die in den oben gelegenen Bürogebäuden arbeiten, gerne besucht werden. Nach der Mittagspause muss man nur wieder das richtige Bürogebäude finden.

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Übrigens kann man auch geführte Touren durch das Tunnelsystem buchen.

In den drei Tagen Houston haben wir einiges gesehen, vermutlich eher, wie das normale Leben in Texas stattfindet. Hat man zwei oder drei Tage Zeit, ist diese Stadt durchaus ein lohnendes Ziel.

Für uns war wieder Aufbruch angesagt, ein paar hundert Kilometer weiter westlich liegt die Stadt San Antonio. Da wollten wir hin. Wieder mit dem Greyhound Bus, das dauert etwa vier Stunden.
 
Wir sind also am Vormittag wider ins Glasscherbenviertel zur Greyhound Station gefahren. Auf unserem Ticket stand "Operated by Greyhound Mexico". das war spannend. Am Busbahnhof offenbarte sich, daß unser Bus von Houston nach Monterrey in Mexiko fahren sollte, über San Antonio und Laredo. In der Tat hatte der Bus eine Mexikanische Zulassung. Auch unser Fahrer war ein Mexikaner, mit viel guter Laune. Ein durch den Bus gerufenes "Vamonos", Gang rein und los ging es. Und was für ein Unterschied. Der Bus was absolut sauber, kein Gestank, kein Dreck am Boden. Es war ein guter Anfang für unsere vierstündige Fahrt nach San Antonio.

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Unterwegs wie so oft an einem Truck Stop irgendwo im Nirgendwo. Wobei, hört man Texas, stellt man sich vielleicht irgendwie so eine Art Wild West Szenerie vor. Staubiges Land mit diesen Tumbleweeds, die im Wind durch die Gegend rollen. Ist nicht so. Zumindest bis San Antonio ist Texas grün und landwirtschaftlich intensiv genutzt. Zwischendurch gibt es immer wieder Stellen, wo mit Pferdekopfpumpen Öl gefördert wird. Und am Straßenrand tauchen zunehmend Kakteen auf, nicht die riesigen Säulen, sondern die kleinen mit den runden, flachen Blättern. Ich bin kein Botaniker, aber ich glaube, die meisten wissen, was ich meine.

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Vor dem Shop türmen sich Wassermassen in Flaschen. Wegen der hohen Temperaturen läuft das Geschäft. Im Lagerraum ist vielleicht nicht genügend Platz, oder der Umschlag geht so einfach schneller.

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In den Herrentoiletten steht ein großer Ventilator, der in der schlecht klimatisierten Keramikabteilung für ein wenig Luftzug sorgen soll.

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Draußen fahren die großen Trucks vom Hof, einer nach dem andern. Heutzutage sieht man nur noch welche mit den riesigen Motorhauben. Das echte Amerika, irgendwie...

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Auch für uns ging die Reise weiter, vorbei an Lagerhallen und viel Grün.

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Und vorbei an Anwälten, die hier in spanischer Sprache für ihre Dienste werben, für Hilfe in allen Lebenslagen. Wenn einem also wegen Delitos und Drogas Divorcio droht, hier ist man richtig.

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Am Nachmittag kamen wir in San Antonio an. Wir haben unser Zimmer im La Quinta Inn bezogen und sind dann nochmal los und haben uns Getränke und ein paar Kleinigkeiten zum Essen besorgt.

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San Antonio ist eine liebens- und lebenswerte Stadt, mit der wir schnell Freundschaft geschlossen haben.
 
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Ein erster Rundgang durch San Antonio offenbarte uns eine ausgesprochen hübsche Stadt, mit vielen alten Gebäuden aus den 1920er Jahren. Aber, es war auch sehr heiß. Die amerikanischen Wetterberichte sprachen von 101 - 102°F, in Celsius gute 39 Grad. Das macht Sightseeing sehr anstrengend, wie immer sind wir immer wieder ohne ein richtiges Kaufinteresse in Geschäfte rein, nur um uns etwas abzukühlen. Zur Geschichte kommen wir etwas später noch. Aber die Bevölkerungsentwicklung schauen wir uns jetzt schon einmal an. Vor 100 Jahren betrug der Anteil an Deutschen und Deutschstämmigen etwa ein Drittel. Auch heute leben in der Umgebung immer noch viele Menschen mit einem deutschen Migrationshintergrund, es wird sogar in einigen Kommunen noch eine Art von Deutsch gesprochen. Daneben gab es einen honen Anteil an Tschechen. Heute sieht es etwas anders aus, Über 60% sind Hispanics, etwa 7% Afroamericans, der Rest weiße Amerikaner und ein ganz geringer Anteil Asiaten. Gerade der vorwiegend aus dem benachbarten Mexiko stammende Teil der spanischsprechenden Bevölkerung trägt zu einem guten Teil des kulturellen Lebens und zum Flair dieser Stadt bei. Aber auch dazu kommen wir später noch. Jetzt drehen wir erst mal eine kleine Runde durch die Stadt

Hier hat sich vermutlich schon lange nichts mehr verändert. Als die Autos noch barocke Formen und Heckflossen hatten, sah es sicher schon in etwa so aus.

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Es steht erstaunlich viel Grün herum auf den Straßen, ganz anders, als z.B. in Houston.

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Wirklich sehenswert und wunderschön ist diese historische Decke an der Überdachung des Gehwegs. Gerade die Überdachungen an vielen Stellen der Gehwege macht es ein wenig erträglicher in den heißen Sommern.

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Das Almeda-Building soll wieder zu einem Kulturzentrum werden. Art Deco vom Feinsten, besonders bemerkenswert ist das riesige Neonschild an der Front.

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Noch ein Gebäude in Streamline oder Art Deco Stil mit den schönen klassischen Formen.

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Als es langsam dunkel wurde, sind wir in eines der vielen mexikanischen Restaurants gegangen und haben die lokale Küche probiert.

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Ein bisserl weniger Koriander, und es wäre perfekt gewesen. Vielleicht sind auch nur die Geschmäcker verschieden. Nein, es war wirklich gut und auch das eiskalte Bier war genau das Richtige, um den stark strapazierten Flüssigkeitshaushalt wieder ins Lot zu bekommen.

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Als nächste kommt dann die versprochene Geschichtsstunde, "Remember the Alamo!"
 
Auf das Jahr 1718 gehen die Ursprünge einer spanische Missionsstation am San Antonio River zurück. Im Jahr 1744 erfolgte die Grundsteinlegung zu der von Franziskanermönchen betriebenen "Misiòn San Antonio de Valero", die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die damalige indigene Bevölkerung zum christlichen Glauben zu bekehren. Zu jener Zeit war das Gebiet des heutigen Texas noch eine spanische Kolonie. 1793 wurde die Mission aufgelöst, in der Folgezeit wurde das Gelände vom spanischen Militär zur Unterbringung von Infanterieeinheiten genutzt. Der Name "Alamo" geht, und da gibt es verschiedene Versionen, entweder auf die "El Alamo" genannte Infanterie-Einheit zurück, oder den Pappelbewuchs auf dem Areal. Das darf man sich gerne aussuchen.

Mit dem Mexikanischen Unabhängigkeitskrieg (1813 -1821) eroberten mexikanische Truppen die ehemalige Mission. Während der Zeit der spanischen Kolonisation siedelten sich eine große Anzahl von Menschen aus dem englischsprachigen Bereich der Vereinigten Staaten in Tejas (so war die damalige Bezeichnung) an. Die Unzufriedenheit mit der zunehmend diktatorischen Regierung unter General und Präsident Antonio Lopez de Santa Anna führte zu Unruhen, und dazu, daß texanische Siedler die Mission "Alamo" besetzten. 1836 kam es dann im folgenden Texanisch-Mexikanischen Unabhängigkeitskrieg zur Schlacht von Alamo, in der fast alle männlichen Verteidiger Ihr Leben verloren (23. Februar bis 6. März). Frauen und Kinder wurden Von General Santa Anna verschont.

In der Schlacht am San Jacinto River (40km vom heutigen Houston entfernt) am 21. April 1836 konnte General Sam Houston mit einem Überraschungsangriff die mexikanische Armee vernichtend schlagen und General Santa Anna festnehmen. Der tauschte dann die Unabhängigkeit von Texas gegen sein Leben. 1845 wurde Texas ein Teil der Vereinigten Staaten, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, eine Sicherheitsgarantie gegen Übergriffe aus dem Nachbarland zu haben.

Die ehemalige Missionskirche existiert auch heute noch, ist Weltkulturerbe und wird als wichtiger Teil der texanischen Geschichte gehegt und gepflegt.

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Im Inneren sieht die Kirche heute wieder so aus. Das originale Dach und auch der Giebel des Hauses ging schon lange vor der Schlacht verloren.

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Die wird übrigens auch heute noch trotz Säkularisation als Kirche gesehen, man wird gebeten Hüte abzunehmen und leise zu sprechen. Das Seitenschiff sah zu Zeiten der Mission noch so aus. Die ursprüngliche Bemalung konnte an einigen Stellen freigelegt und restauriert werden. Das Bild ist eine Projektion und Teil einer Animation, die interessierten Besuchern gezeigt wird.

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Hochinteressant für Historiker sind die uralten Grafitties an der Wand.

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Auf dem folgenden Bild sind die Reste der Verzierungen zu sehen, vgl. auch die Animation zwei Fotos zuvor.

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Das ist ein Nachbau der Krankenstation, wie sie zur Zeit der Schlacht ausgesehen haben mag.

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In Freigelände versucht man das, was noch da ist, zu erhalten. Recht erfolgreich, würde ich sagen.

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Wir waren am Wochenende dort. Das sind zwar mehr Besucher auf dem Gelände, es werden aber auch interessante Vorführungen angeboten. In historischer Kleidung zeigen Mitarbeiter des Museums, wie lange es mit den historischen Waffen dauert, einen Schuss abzufeuern, und dann das Vorderlader-Gewehr für den nächsten Schuss fertig zu machen.

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Zum Abschluss noch ein Modell vom Gelände im Jahr 1836. Hinten rechts ist die ehemalige Kirche zu sehen, die heute der aktuelle "Alamo" ist. Vorn ist das Fort. Zusätzlich sieht man die Befestigungswälle und auch Rampen auf der Innenseite der Mauer. Die dienten wohl dazu, Kanonen zu positionieren.

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San Antonio, der mexikanische Teil, der kommt als Nächstes dran. Das Material geht mir noch nicht aus.
 
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Jetzt wird es richtig bunt. Reisen bildet und fördert das Verständnis für andere Kulturen. Weiter oben hatte ich schon den relativ hohen Anteil von Hispanics in der Bevölkerung erwähnt, fast zwei Drittel der Einwohner gehören dieser Gruppe an. Und die sind allgegenwärtig. Es gibt zwei sehenswerte mexikanische Viertel in San Antonio, und die sind ganz emissionsfrei aus Downtown zu Fuß erreichbar. Außer, man hatte eins von diesen Bohnengerichten am Vorabend....

Schauen wir uns mal "El Mercato" an. Das ist das Marktviertel, das zu den Wochenenden auflebt, mit Straßenmusik, Hüpfburgen, Kinderschminken und jeder Menge von Besuchern. Es besteht aus der Marktstraße mit Geschäften und Restaurants, Cafés und zwei klimatisierten Markthallen. Alkoholische Getränke werden auf der Straße verkauft und konsumiert, ganz entgegen zu den sonstigen Gepflogenheiten in den USA. Und es gibt hauptsächlich irgendwelchen mexikanischen Schnickschnack, vom Blechkaktus über Plüsch-Alpakas, Sombreros und bunte Töpfereien bis hin zu reinem Vanillearoma in flüssiger Form und allem möglichen anderen Kram. Ich glaube, die Bilder muss man nicht wirklich einzeln kommentieren.....

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Das zweite mexikanische Viertel heißt "La Villita" und ist in der Tat eine historische Siedlung direkt am San Antonio River. Heute haben sich hier Läden für teures Kunsthandwerk und ein paar Kneipen angesiedelt. Was hier leider fehlt, ist das laute und überschwengliche Lebensgefühl.

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Damit sind wir schon am San Antonio River, der eine weitere Sehenswürdigkeit ist und das kulturelle Zentrum von San Antonio darstellt.
 
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Der San Antonio River und insbesondere Der sogenannte "River Walk" ist vielleicht die wichtigste Sehenswürdigkeit. Er ist das Zentrum des sozialen Lebens dieser Stadt und wird von Besuchern und Einheimischen gleichermaßen geliebt. Beim River Walk handelt sich um Fußwege unterhalb des Straßenniveaus entlang des Flusses. Die ersten wurden1939 mit einer Länge von ca, 4km im Rahmen einer "Flußuferverschönerungsaktion" eröffnet. Mittlerweile hat San Antonio ein ein ganzes System von Fuß- und Radwegen entlang der lokalen Wasserläufe. Im Bereich der Innenstadt findet hier auch fast das ganze Nachleben in unzähligen Bars, Restaurants und Kneipen statt. An den heißen Tagen war, so lange es hell war, recht wenig los. Nach Anbruch der Dunkelheit aber, als es ein paar Grad kühler wurde, traf sich die ganze Stadt am Wasser.

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Überall gehen bunte Lichter an, an den Zusteigestellen zu den Ausflugsbooten bildeten sich lange Schlangen.

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Ein kleines Freilufttheater am der Flußbiegung, rechts die Bühne mit mexikanischem Ambiente, links die Tribüne für die Zuseher.

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Bemerkenswert ist das Hilton Palacio del Rio Hotel. Es wurde 1968 zur Weltausstellung (HemisFair San Antonio 1968) in nur 202 Tagen erbaut. Die einzelnen Zimmer wurden in Modulbauweise fertig verkabelt und möbliert angeliefert.

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Es ist herrlich da, und der River Walk ist mit ein Grund, warum wir uns nicht entscheiden können, ob es uns hier, oder in New Orleans besser gefallen hat.

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Ich lege gleich noch ein paar Bilder von "Nachts in San Antonio" nach.
 
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Langsam hieß es Abschied nehmen von einer Stadt, die wir wirklich in unser Herz geschlossen haben. Trotz der enormen Hitze war San Antonio wirklich ein Höhepunkt unserer Reise. Wobei, noch zwei weitere Nächte in New Orleans waren ebenso verlockend. Zurück sind wir mit der Bahn gefahren. Ich freute mich auf die Ausblicke aus dem Fenster ins richtige "Rural America". Die Fahrt von San Antonio nach New Orleans dauert etwa 14 Stunden, täglich fährt ein Zug, der aus Los Angeles kommt und den klangvollen Namen "Sunset Limited" trägt. In der Tat ist das der am längsten ununterbrochen betriebene namentragende Zug der USA. Die Verbindung mit diesem Namen gibt es seit 1894, seinerzeit bis 1971 betrieben von der Southern Pacific Railroad. Ab da übernahm die neu gegründete, staatliche Amtrak den Personenverkehr auf der Schiene.

Außer entlang der Ostküste zwischen Boston und Washington D.C. sind die Züge in USA langsam und etwas altmodisch. Das hat viel Charme. Die Verbindungen sind recht dünn gesät. Aber wir hatten Glück und waren auf dem "Sunset" nach New Orleans gebucht. Um halb Sieben morgens sollte es losgehen, wir waren eine Dreiviertelstunde vor der Abfahrt am Bahnhof. Da war von unserem Zug noch nicht viel zu sehen. Auf dem Nebengleis stand der "Texas Eagle" (also, ein Teil davon) nach Chicago, der ab San Antonio eingesetzt wird und Kurswagen aus Los Angeles vom "Sunset" übernimmt.

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Erstaunlich pünktlich kam unser Zug dann an, es wurden einige Wagen herumrangiert, dann durften wir einsteigen.

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Die Abfahrt verzögerte sich noch etwas, weil ein Güterzug der Union Pacific, der diese Strecke mittlerweile gehört, abgewartet werden musste.

Die eingesetzten Superliner-Wagen waren ungefähr 40 Jahre alt und ausgesprochen bequem. Doppelstöckig, mit reichlich Sitzabstand, Liegesessel. Im unteren Stockwerk fanden die Mitreisenden Platz, die nicht über die schmale Wendeltreppe nach oben konnten. Wer Amerika schon einmal gesehen hat, weiß daß es sich dabei nicht nur um Rollstuhlfahrer gehandelt haben könnte....

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Unser Zug sah an diesem Tag wie folgt aus. Zwei General Electric Dieselloks ein leer mitlaufender Speisewagen, ein Gepäckwagen, ein Schlafwagen, der bewirtschaftete Speisewagen, dann ein verglaster Aussichtswagen mit Kiosk und für die Holzklassepassagiere noch ein (unser) Wagen mit der Busbestuhlung. Insgesamt ziemlich viel Servicekapazität für relativ wenig Sitzplätze. Hier noch ein Bild vom Aussichtswagen, in dem man seine mitgebrachten Speisen auftischen, schön die Umgebung beobachten konnte und in dem es unten im Kiosk auch mal einen Kaffee oder ein Bierchen gab.

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Da gibt es ja diesen alten Folksong von Steve Goodman, Arlo Guthrie hat die vielleicht bekanntere Coverversion gesungen, "The City of New Orleans", der eine Bahnfahrt von Chicago nach New Orleans in den späten 60er Jahren beschreibt und besingt. Irgendwie kam der mir immer wieder in den Kopf, bestimmte Textzeilen, die ein etwas abgewirtschaftetes Amerika beschreiben. Ich mag so einen morbiden Charme.

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Wie wichtig mag ein Pickup-Truck vor dem haus sein, das seine besten Jahre lange hinter sich hat?

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Der LKW hinter dem Baum, hm, da war doch mal ein Film von Steven Spielberg, oder?

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Eine Tankstelle, die Route 66 Feeling verströmt, da wäre ich gerne ausgestiegen und hätte ein bisserl mehr fotografiert. So bleibt nur ein kurzer Moment auf einer langen Fahrt.

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Und immer wieder die Getreidesilos an der Strecke.

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Es sind Bilder aus dem fahrenden Zug, mit Spiegelungen, aber auch ein Eindruck vom Amerika abseits der großen Metropolen.

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Nächster Stop Houston Hauptbahnhof!
 
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In Houston gab es den ersten planmäßigen Halt. Wir waren da ja schon ein paar Tage vorher, deshalb blieben wir am Bahnhof. Ich habe die Gelegenheit beim Schopf gegriffen, und unseren Zug mal von vorn fotografiert. Amtrak #190 "GE PD42DC Genesis" (so steht es im Wikipedia) war vorn dran, eine zweite Lok sorgte für Energie für die Klimaanlagen , die Küche und den Kiosk.

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Am Bahnsteig in Houston.

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Es verwundert etwas, Houston hat 2.3 Mio Einwohner, das ist ca, 1.5 Mal so groß wie München. Der Bahnhof hat nur zwei Gleise das Bahnhofsgebäude ist ein Beton/Stahl/Glas-Ding, gerade dazu geeignet, ein paar Fahrgästen Unterschlupf bei Schlechtwetter oder heißen Temperaturen zu geben. 3x in der Woche fährt ein Zug nach New Orleans, 3x der Gegenzug nach Los Angeles. Das wars.

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Houston Hauptbahnhof mit seinen zwei Gleisen ist kein Durchgangsbahnhof. Die Züge fahren vorwärts rein, halten an. Bei der Abfahrt heißt es "jetzt geht's Rückwärts". Bis zur nächsten Weiche, ein paar hundert Meter vor dem Bahnhof. Von da geht eine Umgehung weiter Richtung Osten. Nach einem Kilometer war wieder Schluß, der Zug hielt strategisch günstig auf einem Bahnübergang. Nach kurzer Zeit kam ein Durchsage, medizinischer Notfall im Speisewagen, und die Frage nach einem Arzt an Bord. Ich war immer noch keiner, habe mich nicht gemeldet. Aber die Warteposition auf dem Bahnübergang ermöglichte es dem Rettungsdienst, problemlos direkt an den Zug zu kommen.

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Irgendwann ging es weiter, jetzt folgen wieder Szenen vom Fenster. Auf der Union Pacific Diesellok stand "Building America", ist das sowas wie "make America great again"? Ohne zu sehr politisch wirken zu wollen, es war sehr interessant, vor Ort die Entwicklungen mit dem Einstieg von Kamala Harris zu beobachten, mit CNN und Fox News (von beiden Seiten, links und rechts)....

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Es waren eindrucksvolle Brücken am Fenster, die an uns vorbeizogen, vielleicht sind wir ja genau da mit dem Bus eine Woche vorher drübergefahren. Wer weiß.

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Und Autobahnen, die verwirren, 16 Spuren irgendwohin...

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Vermutlich war das einmal ein Bahnhof, der einem abgelegenen Nest in Texas einen Zugang zur weiten Welt verschafft hat. Leider hält hier kein Zug mehr.

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Orte ohne Namen, wie so viele an der Strecke Richtung Osten.

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Wieder ein "Duell"-Truck. Komisch, ziehe ich das an?

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Der Tag nahm sein Ende, es wurde langsam dunkel. Zwei Stunden vor der Ankunft in New Orleans auf dem Weg durch die Sümpfe von Louisiana gab es plötzlich eine Vollbremsung. Dann kam die Durchsage, daß wir wegen eines Wildunfalls kurz angehalten haben. Knapp 200 Tonnen Loks vor dem Zug und ein Tier? Das ganze entpuppte sich als ein knapp 5m langer Alligator, der in einem ungünstigen Moment die Gleise überquert hat und von unserem Zug erfasst wurde. Nach dem Unfall waren es wahrscheinlich Teile von dem Reptil, die zwischen dem Schlaf- und Speisewagen eine Luftleitung gekappt und dadurch die Bremsung ausgelöst hatten.

Mit einer guten Stunde Verspätung kamen wir in New Orleans an.
 
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Zurück in New Orleans waren wir im Prince Conti Hotel im French Quarter eingebucht. Die Nacht nach der langen Bahnfahrt war gut, Auspacken mussten wir für den unseren letzten Tag in den USA nicht mehr wirklich. Aber einfach nochmal genießen. Zum Frühstück sind wir ins Café du Monde auf ein paar Portionen Beignets und iced Coffee au Lait. Und dann haben wir einen Blick in die St. Louis Cathedral am Jackson Square geworfen. Nicht daß jemand meint, wir brauchten christlichen Beistand für die Heimreise, nein, zunächst einmal sind Kirchen innen immer kühl. Zum Zweiten hat es uns einfach mal interessiert, wie genau diese Kirche von innen aussieht. Schaumermal rein.

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Dann noch einmal eine Runde über den French Market und anschließend ins French Quarter. Schauen, ob wir noch irgendwelche Souvenirs brauchen für irgendwelche Freunde, ein bisserl stöbern und suchen.

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Dann rüber ins Riverwalk Shopping-Center, auf ein frühes Abendessen bei unserem Lieblingschinesen, der auch der einzige vor Ort war. Aber das Essen dort war schon gut und reichlich, zu einem günstigen Preis.

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Zum Abend hin sind wir wieder ins French Quarter, uns war nach einer ordentlichen Portion Rock, Blues und Jazz. Und dann, unsere sieben Sachen packen und ins Bett.

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Am nächsten Tag sind wir am Morgen zum Flughafen. Ein Airbus A319 brachte uns nach Houston (wieder einmal). Und drei Stunden später war es die gut 32 Jahre alte B767-300 N648UA, die uns über Nacht zurück nach München flog.

Ein Fazit:

Nach 25 Jahren zum ersten Mal wieder USA, es hat sich vieles geändert. Die USA sind primär nicht mehr das Shoppingparadies, das sie mal waren. Die Preise waren für viele Dinge des Lebens erstaunlich hoch, so hoch, daß wir am Ende doch auf einige Sachen verzichtet haben.

Transport ist erstaunlich günstig. Ein 3-Tagespass in New Orleans für 8 US$ ist unschlagbar. 70 US$ pro Person für eine 14-Stündige Bahnfahrt von San Antonio nach New Orleans ebenso.

Die Sicherheitslage hat sich seither sehr gebessert, wir hatten kaum ein unsicheres Gefühl, auch nicht nachts. Vor 30 Jahren war das oft anders. Da wurden uns mehrfach bestimmte Gegenden vor vorn herein als "Off Limits" erklärt. Natürlich gibt es auch heute noch Stadtviertel, wo man nicht tot über den Zaun hängen möchte, gerade um Bahnhöfe oder Busstationen herum.

Blut geleckt haben wir, vielleicht. Die USA sind immer noch ein Reiseland der Superlative. Es hat uns allen wirklich viel Spaß gemacht. Unser letzter Besuch war es, glaube ich, nicht. Für 2025 ist aber wieder Japan angesagt, wir haben etwas zu feiern.....

Schönen Gruß,

Martin
 
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