Germanwings Absturz in Südfrankreich

Hmmh... mir ist die Anschuldigung der französischen Staatsanwaltschaft zu spekulativ. Es gibt Indizien die einen Suizid als mögliche Erklärung erlauben, aber nicht als einzige Erklärung.
Glücklicher Weise konnte ich heute der Berichterstattung in den Medien aus beruflichen Gründen nicht folgen. Ich habe den Eindruck, dass alle die gleiche Spekulation wiederholen. Aber ist der Suizid deshalb eine bewiesene Tatsache?

Vielleicht ist mir da etwas entgangen, aber ich habe nur folgende Punkte mitbekommen:
- Pilot hat nach einem normalen Gespräch die Kabine in Richtung Toilette verlassen,
- danach ist die Tür zum Cockpit erst mal zu,
- der Copilot leitet aus nicht bekannten Gründen den Sinkflug ein,
- Pilot kommt zurück und kann nicht zurück ins Cockpit,
- Copilot kann oder will weder steuern, noch kann oder will er auf Kontakte von aussen reagieren,
- da man ihn auf den Aufnahmen scheinbar atmen hört, geht man davon aus dass er bei Bewusstsein ist und nur nicht reagieren will.

Ich habe nirgendwo gelesen dass er die Kontaktaufnahme aktiv zurückgewiese hat, oder sonst erkennbare Lebenszeichen von sich gegeben hat.

Also könnte das Einleiten des Sinkfluges seine letzte Aktion bei Bewusstsein gewesen sein und man weiß definitiv weder was der Grund dafür war, noch warum er danach nicht reagieren konnte oder (wie unterstellt) wollte?

Ich habe nirgendwo weitere Infos entdeckt, die nach Tatsache klingen.
Da sind dutzende Szenarien medizinischer Natur (z.B. plötzliche Atemnot, deshalb Sinkflug, dann Ohnmacht/Bewusstlosigkeit) denkbar, auch wenn er recht jung war.
Das Ergebnis ist natürlich identisch... ob gewollt oder ungewollt.
Nur ist das "gewollt" bislang unbewiesen und daher spekulativ (genau wie ein ungewollt es wäre)... man weiß es einfach nicht.
 
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Vielleicht ist mir da etwas entgangen, aber ich habe nur folgende Punkte mitbekommen:
- Pilot hat nach einem normalen Gespräch die Kabine in Richtung Toilette verlassen,
- danach ist die Tür zum Cockpit erst mal zu,
- der Copilot leitet aus nicht bekannten Gründen den Sinkflug ein,
- Pilot kommt zurück und kann nicht zurück ins Cockpit,
- Copilot kann oder will weder steuern, noch kann oder will er auf Kontakte von aussen reagieren,
- da man ihn auf den Aufnahmen scheinbar atmen hört, geht man davon aus dass er bei Bewusstsein ist und nur nicht reagieren will.

Du hast den Punkt, dass die Türe von innen verriegelt wurde übersehen. Dies geht nur wenn einer aktiv den Schalter auf "LOCKED" stellt.

Ansonsten hätte der CPT die Türe wieder mit dem Notfallcode aufschließen können. Es sei denn er hat ihn vergessen, was laut Spohr aber wohl nicht sein dürfe. Vielleicht kann ja auch ein Pilot was dazu sagen wie gut sich alle an den Notfallcode erinnern können?

Es sind demnach zwei Dinge geschehen die zu dem Unglück geführt haben und die nicht zufällig passieren:
- Flughöhe wir auf 100ft gesetzt (auch ein ungewöhnlicher Wert)
- Cockpittüre wird von innen verriegelt
 
Du hast den Punkt, dass die Türe von innen verriegelt wurde übersehen. Dies geht nur wenn einer aktiv den Schalter auf "LOCKED" stellt.

Ansonsten hätte der CPT die Türe wieder mit dem Notfallcode aufschließen können. Es sei denn er hat ihn vergessen, was laut Spohr aber wohl nicht sein dürfe. Vielleicht kann ja auch ein Pilot was dazu sagen wie gut sich alle an den Notfallcode erinnern können?

Es sind demnach zwei Dinge geschehen die zu dem Unglück geführt haben und die nicht zufällig passieren:
- Flughöhe wir auf 100ft gesetzt (auch ein ungewöhnlicher Wert)
- Cockpittüre wird von innen verriegelt

Spohr sagte auch, dass die gesamte Crew also auch die Kabinencrew diesen Code kennt. Selbst wenn der Pilot ihn vergessen haben sollte, dann würde ihn jemand in der Kabine kennen.
 
Hmmh... mir ist die Anschuldigung der französischen Staatsanwaltschaft zu spekulativ. Es gibt Indizien die einen Suizid als mögliche Erklärung erlauben, aber nicht als einzige Erklärung.
Glücklicher Weise konnte ich heute der Berichterstattung in den Medien aus beruflichen Gründen nicht folgen. Ich habe den Eindruck, dass alle die gleiche Spekulation wiederholen. Aber ist der Suizid deshalb eine bewiesene Tatsache?
Die aktuelle Phase würde ich "starke Indizien" nennen.

Der CVR hat einen Zeitindex, die Transponder-/Radardaten haben einen Zeitindex, also liegen bereits zwei Datenreihen vor, die sich gegeneinander halten lassen, eine äußere und eine innere. So kann man zB etablieren, wann der CMD das Cockpit verlassen hat, wieviele Sekunden verstrichen bis zu den mutmaßlichen Klickgeräuschen des Alt-Selectors, inwieweit diese von den Transponder-Daten bestätigt werden, und auch, ob der verbliebene Pilot irgendwelche ungewöhnlichen Geräusche verursacht hat. Bei einer Ohnmacht etwa sinkt mindestens der Kopf, wenn nicht der Körper nach vorne oder zu einer Seite sackt, Einklemmen oder Ablegen des Headsets wäre höchstwahrscheinlich hörbar, Infarkte verursachen Schmerzen und gehen damit höchstwahrscheinlich mit erhöhter körperlicher Aktivität einher, wenn nicht mit agitierter Atmung.

Dabei sagt man, Infarktpatienten erlitten in ihrer Lage Todesangst; der Chef ist gerade zur Tür hinaus - leitet der Patient da einen Sinkflug auf Bodennähe ein oder greift er zur O2-Maske in Griffweite, drückt den Summer und ruft den Chef zurück?

Während sich viele andere Szenarien ausdenken lassen, sind bisher alle dargelegten Alternativen so fürchterlich abwegig. Allerdings ist ja die Suche nach dem FDR noch nicht eingestellt; im Übrigen geht es einzig und vor allem um die Reputation des Mannes, strafrechtlich existiert gegen ihn keine Handhabe, nach dt. Recht nicht, und nach frz. wohl auch nicht. Entscheidend ist aber, ob die Indizien gegen den Mann hinreichen, das Strafverfahren gegen Unbekannt einstellen zu können oder gar zu müssen. Seine Wohnung wurde be-/durchsucht, sein Elternhaus steht unter Polizeischutz, der Innenminister will nichts haben, ZÜPs sollen okay gewesen sein, Bekannte reagieren ungläubig bis fassungslos - da scheint kaum eine "Chance" auf Komplizen zu bestehen.

Wenn Deine Bedenken allerdings eher in die Richtung gehen, der frz. Staatsanwalt lüge, kann sie hier und heute niemand ausräumen.

Das gilt auch für Zweifel an Aussagen betreffend den von MANAL erwähnten Türmechanismus, der zur Aufrechterhaltung der Sicherung Aktivität verlangt, also quasi als Totmannschalter verräterisch ist.

Aber ist der Suizid deshalb eine bewiesene Tatsache?
Die Staatsanwaltschaften haben sich heute einen großen Schritt auf die Verfahrenseinstellung zubewegt, wenn nicht der FDR ein völlig inkompatibles Bild liefert. Wenn das gesagte zutrifft, wäre gegen einen Überlebenden mit einem ordentlichen Strafverfahren zu rechnen, bei dem dann Richter oder Kammer alle Indizien oder Beweise und die Verteidigung würdigten und zu einem Urteil kämen.

No-Go ist m.E. Namensnennung. Über die Öffentlichkeit vs. Vertraulichkeit staatsanwaltschaftlicher Vorverfahren hatten wir ja leider in der jüngeren Vergangenheit schon öfter zu diskutieren.

Schließlich das BEA wird weiter ermitteln und möglicherweise medizinische Journale einsehen, das Recruitment ausleuchten etc., je nach Erkenntnis und Fortgang.
 
Guten Morgen,

ich halte die 2-Personen-Regelung für gar nicht so dumm. Sie mag auf den ersten Blick in unseren Augen vielleicht sinnlos sein und jeden Piloten pauschalisiert unter Verdacht stellen, aber, wer sitzt denn im Normalfall hinten im Flieger? Leute, die mit der Fliegerei nichts am Hut haben, außer, daß sie zweimal im Jahr nach Mallorca oder Fuerteventura fliegen. Und diesen Reisenden gibt die Regel sicher etwas mehr gefühlte Sicherheit.

Und, von Zeit zu Zeit ein nettes Mädel aus der Cabin Crew, die auf einen Plausch und vielleicht mit einer Tasse Kaffee reinkommt, könnte ja auch für die Piloten ein bißchen Abwechslung bringen, oder?

Martin
 
... etwas mehr gefühlte Sicherheit.
Ich sehe nicht, wie man der Luftfahrt als Ganzer mit der Einführung eines Kriteriums "gefühlte Sicherheit" nach 100 Jahren empirischer Bemühungen zu mehr safety und security einen Gefallen tun will.

Allenfalls könnte eine solche Sofortmaßnahme nützen, wenn man eine Bedrohung aus dem wissenschaftlich anerkannten Nachahmereffekt als gegenwärtig signifikant einstuft.
 
Der Luftfahrt als Ganzer vielleicht nicht, aber den zahlenden Standardpaxen, die vielleicht bei der Reiseplanung eher einem Carrier den Zuschlag geben, der genau diese "gefühlte Sicherheit" bieten kann.

Martin
 
Wir haben eine ein Jahrhundert alte Praxis der offenen Cockpittüre, die von dem Axiom getragen ist, daß stets alle an Bord ein gleichgerichtetes Interesse an gesundem Wiederverlassen des Flugzeugs haben.

Diese Praxis existiert in manchen Ländern fort, die zu allem, was die FAA sagt, eifrig nicken und Memos schreiben, die Praxis aber auf dem kleinen Dienstweg anders gestalten.

Dann haben wir die gefühlte Sicherheit der hermetischen Tür ohne Plaszak, und künftig die gefühlte Sicherheit der schwachen hermetischen Tür mit Anstandsdame?

Im Grunde ist "Deine" Überlegung eine Anleitung, wie man am besten Geschäfte mit verängstigten Menschen macht.
 
Aber, das ist ja genau das, um was es geht, ums Geschäft und um Marktanteile. Aus Freude am Fliegen startet kein kommerzieller Flug. Warum wohl war EZY mit unter den Ersten, die diese Regelung publik gemacht haben? So tragisch das ganze Ereignis dieser Woche war (und noch ist), keiner will und kann es sich leisten, Geschäft zu verlieren. Bei der 2-Mann-Regelung handelt es sich um eine einfache und billige Methode, hier den einen oder anderen zahlenden Gast zu gewinnen, ohne daß die Technik des Fluggeräts aufwändig verändert werden muß.

Martin
 
IFALPA
Leaking premature, unanalyzed, and partial CVR recordings, which lack the context of the entire body of factual investigative data, severely interferes with the investigative process, and can only lead to early conclusions on what exactly occurred during the time leading up to the accident. Any other use of CVR data is not only invalid, but is an unacceptable invasion of privacy best described as a search for sensationalism and voyeurism of the worst kind.
 
Die aktuelle Sachlage, so sie denn zutrifft, macht die Tragödie zwar nicht besser, sie bringt die Toten nicht zurück, aber ich halte sie für erträglicher.
Immerhin stellt sich die Frage nach einer "Schuld" nicht mehr. Und das finde ich bemerkenswert.
Nicht die Airline, der Flugzeughersteller, die Techniker sind "schuld"
Nicht angebliche Computerfehler, Pilotenfehler oder Sparmaßnahmen.
Ein ganz tragischer und extremer und so nicht vorhersehbarer Einzelfall.
Ich als gern und vielfliegender Passagier kann mit dem Wissen eher wieder angstfrei in ein Flugzeug steigen.
Ganz anders sähe es aus, wenn ein Airbus einer für ihre Sicherheit weltweit anerkannten Airline, trotz allem plötzlich vom Himmel fallen würde.
Eben, weil doch Technik oder Menschen versagen.
Dann würde das Vertrauen der Kunden zurecht tief zerstört.
Aber so?
Das ist einfach nur traurig und unfassbar, aber eben auch durch nichts wirklich zu verhindern.
Ich schreibe das, weil ich vor einiger Zeit auch einen Angehörigen durch Suizid verloren habe.
Da gibt es keine Vorzeichen. Man merkt den Menschen nichts an. Da hat Niemand "Schuld"
 
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Ich persönlich wundere mich ein wenig über die Abneigung (mancher Kollegen) gegenüber der "2-Personen-Regel".
Wenn ich mich richtig erinnere hatten wir schon damals bei Germania diese Regelung, bei der Augsburg gab es sie und auch mein jetziger Arbeitgeber (TK) hat diese Regelung. Und ich fühle mich nicht unter Generalverdacht! Argumentation wie, was soll eine FB gegen einen Mann ausrichten halt ich für Quatsch. Denn darum geht es nicht. Hier spielt meiner Meinung nach nur der psychische Faktor (Hemmschwelle) eine Rolle.
Auch der Einwand, dass ein größerer Personenkreis wieder Zutritt zum Cockpit hätte ist nicht richtig. Es kommt ja sonst auch nicht immer die gleiche Person zum Kaffee oder essen bringen, oder zum kurzen Plausch (was ja auch nur die vorgeschriebene Kontrolle ist das es uns noch gut geht) vorne vorbei.
Auch die daraus resultierende längere "Tür-offen-Zeit" ist meiner Meinung nach nicht relevant. Hierfür gibt es ja schon die nötigen Maßnahmen um Passagiere in der Zeit fern zu halten.
 
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