Viel Wirbel um einen entblößten Po
Reisegruppe des FSV Thalau wurde wegen angeblicher Pöbeleien aus dem Flugzeug verwiesen
Von unserem Redakteur
Steffen Reith
THALAU Statt Sangria am mallorquinischen Ballermann gab es gestern Abend Grillwürstchen und Bier im Garten des ersten Vorsitzenden. Dort beratschlagten 13 Mitglieder des FSV Thalau, wie sie auf ihren Rauswurf aus einem Air-Berlin-Flugzeug am Nürnberger Flughafen und die anschließenden verbreiteten Meldungen in bayerischen Medien reagieren werden.
Es gibt zwei vollkommen unterschiedliche Versionen über das, was sich am Donnerstagvormittag am Nürnberger Flughafen abgespielt hat. Die Polizei in Nürnberg und die Fluggesellschaft Air Berlin erklären, dass die Thalauer Gruppe wegen Pöbeleien aus dem Flugzeug entfernt wurde. Bereits beim Einchecken seien die Thalauer auffällig gewesen, sagt Angelika Schwaff, Pressesprecherin von Air Berlin. Daraufhin habe der Kapitän einen Hinweis erhalten, dass er die Truppe im Auge behalten solle. Einer der Männer habe eine Hose getragen, die den verlängerten Rücken nur spärlich bedeckt habe.
Dieser Mann habe zunächst der Aufforderung des Kapitäns, sich einen Pulli um die Hüften zu binden, Folge geleistet, dann aber angefangen, das Personal anzupöbeln. So steht es auch im Bericht der Polizei. „Daraufhin hat der Pilot entschieden, dass der Mann gehen muss“, sagt Air-Berlin-Sprecherin Schwaff. Polizisten hätten ihn von Bord gebracht und eine Alkoholkontrolle durchgeführt.
1,8 Promille bei Alkoholkontrolle
Das Ergebnis: 1,8 Promille. Beim Zurückstoßen der Maschine auf die Startposition habe einer aus der Gruppe aus dem Fenster geschaut und bemerkt, dass sein ausgeschlossener Kumpel mit seinem Koffer das Flugzeug verlassen habe.
Trotz Anschnallzeichen und Ermahnungen habe sich der Kofferbesitzer nicht beruhigt. Erneut sei Personal angepöbelt worden, erklärt Angelika Schwaff. Im Polizeibericht steht gar, dass die Thalauer trotz Verbotes durch die Maschine gelaufen seien. Jedenfalls habe daraufhin der Kapitän entschieden, dass die Gruppe nicht mitfliegen dürfe, sagt Schwaff: „Das ist unserem Piloten in seinen vielen Berufsjahren noch nicht passiert.“ Die Polizei erschien ein zweites Mal und nahm auch die verbleibenden zwölf Thalauer mit. Nach Feststellung der Personalien hätten sie die Heimreise angetreten.
Dass die Koffer vertauscht wurden, sei übrigens die Schuld der Reisegruppe. „Wenn man sich beim Aufgeben des Gepäcks einzeln anstellt und ordentlich verhält, dann kann eigentlich nichts passieren“, sagt Schwaff. Ihr Unternehmen will nun erst einmal abwarten: „Den Schaden können wir noch nicht beziffern. Wir müssen schauen, wie viele der anderen Passagiere ihre Anschlussflüge nicht erreicht haben und deshalb Forderungen stellen werden.“
Flugzeug startet mit 90 Minuten Verspätung
Das Flugzeug sei jedenfalls mit 90 Minuten Verspätung gestartet. Im Polizeibericht heißt es, dass mit einem Bußgeld von 25 000 Euro gerechnet werden muss. Während die Fluggesellschaft abwarten will, werden die Thalauer wohl in die Offensive gehen. „Wir stellen Strafanzeige“, sagt Roland Wahl, erster Vorsitzender des FSV Thalau und mit 50 Jahren Senior der Reisegruppe. Er und auch Georg Storch (39), Träger der ominösen Hose, waren gestern noch ziemlich empört über den Rauswurf und die Schilderungen der Polizei. Storch gesteht allerdings ein, dass er angetrunken war. „Ich trinke vorm Fliegen immer etwas, weil ich Angst habe. Ich gehe aus Aberglauben auch immer als Letzter rein. So ruhig wie dieses Mal bin ich aber noch nie in ein Flugzeug eingestiegen.“ Er habe im Flugzeug sogar noch eine Stewardess gefragt, ob sie ein Problem mit seinem Outfit habe: „Sie hat mir geantwortet, dass sie es lustig findet.“ Storch bestreitet vehement, über den Kapitän geschimpft und andere Personen angepöbelt zu haben. Für Roland Wahl ist Air Berlin Schuld an der ganzen Affäre: „Hätten die die Koffer nicht vertauscht, wäre es zu gar keinem Streit gekommen. Wir waren alle ganz ruhig, auch nachdem der Georg aus dem Flugzeug raus musste. Unsere Überlegung war, dass er am Flughafen einen Kaffee trinkt, die nächste Maschine nimmt und nachkommt.
Brief an Air Berlin
Air Berlin habe nicht nur den einen Koffer der Gruppe vertauscht. Wahl: „Bei meinem Gepäck stand auch ein anderer Namen drauf. Diese Verwechslungen haben alle Jungs betroffen.“ Es sei auch – abgesehen von Storch – kein einziger aus der Thalauer Reisegruppe angetrunken gewesen. Wahl: „Wir haben alle am Flughafen ein oder zwei Bier getrunken. Beim Georg waren es drei. Mehr waren es ganz sicher nicht.“ Sicherlich sei man gut gelaunt gewesen, schließlich habe man die Reise schon seit Dezember geplant. Wahl hat sich nach dem Rauswurf der zwölf verbliebenen Thalauer Namen von Boardpersonal und Polizeibeamten geben lassen. Als nächsten Schritt will er sich eine Passagierliste besorgen: „Da werden mir mal nachfragen, ob wir uns wirklich so schlecht benommen haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die meisten unseren Rauswurf für überzogen halten.“
In einem Brief an Air Berlin fordert Wahl die Reisegesellschaft auf, die Kosten von insgesamt über 4000 Euro zu erstatten. Und außerdem behalten es sich die verhinderten Mallorca-Fahrer vor, Air Berlin auch auf Schadenersatz zu verklagen.
16.06.2007 Fuldaer Zeitung