Ja, haben wir! Allerdings kein generelles.
Die neue
Nachtflugregelung für den Flughafen München
im Überblick
Mit Wirkung ab 26.03.2001 hat die Regierung von Oberbayern eine neue Regelung für den Nachtflug am Flughafen München erlassen.
Die zentralen Punkte der Entscheidung sind:
1. Unverändert bleibt:
die bisherige Beschränkung für die Zeit zwischen 24.00 Uhr und 5.00 Uhr (bewegungsfreie Kernzeit). In dieser Zeitspanne sind weiterhin nur Luftpost- (22.00 – 06.00 Uhr) und Hilfsflüge sowie Landungen aus meteorologischen, technischen oder sonstigen luftsicherheitlichen Gründen und Flüge mit Einzelausnahmegenehmigung des Bayer. Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie zulässig;
2. Neu ist:
Ab dem Sommerflugplan 2002 dürfen in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr grundsätzlich nur Flugzeuge betrieben werden, die in einer auf der sog.
‚Bonusliste‘ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen beruhenden Liste enthalten sind. Diese Flugzeuge haben niedrigere Lärmwerte als die derzeit strengste Zulassungsvorschrift (Kapitel III) fordert.
Die bisherige Obergrenze von 38 nächtlichen Bewegungen wird ersetzt durch ein Jahres-
Lärmkontingent für den Nachtflug. Das bedeutet, dass mit allen Nachtflügen insgesamt nur eine bestimmte, im Bescheid festgelegte Menge Lärm erzeugt werden darf. Bestimmende Faktoren dieses Kontingents sind die Zahl der Flugbewegungen, der Flugzeugmix (= Zusammensetzung des Verkehrs nach Flugzeugarten und Flugzeuggrößen) sowie das Verhältnis von Starts und Landungen. Werden die Flugzeuge leiser, ist mehr nächtlicher Flugbetrieb möglich, wenn lautere Flugzeuge zum Einsatz kommen, bedeutet dies weniger Betrieb.
Innerhalb dieses Lärmkontingentes sind im Wesentlichen zulässig:
- 28 planmäßige Flugbewegungen;
- Flüge von Fluggesellschaften, die einen Wartungsschwerpunkt in München unterhalten;
- Flugzeuge, die in der Umgebung des Flughafens München im Mittel keinen höheren Einzelschallpegel als 75 dB(A) erzeugen (sog. lärmarme Flugzeuge).
- Ausbildungsflüge.
Ebenfalls auf das Lärmkontingent anzurechnen sind verspätete und verfrühte Flüge.
Die Einhaltung des Lärmkontingents ist den Luftfahrtbehörden jährlich nachzuweisen. Die entsprechende Dokumentation ist in die laufendenden Immissionsberichte aufzunehmen. Damit bleibt die Entwicklung des Nachtfluges auch für die Öffentlichkeit transparent und nachvollziehbar.
Bei einer Ausschöpfung des Kontingents zu 80 % ist den Luftfahrtbehörden zusätzlich vor der Festlegung des jeweiligen Koordinationseckwertes, der die maximal zulässige stündliche Bewegungszahl definiert, eine Prognose zur Lärmentwicklung vorzulegen.
Das Nachtschutzgebiet wird um 11 Ortslagen erweitert. Hier bestehen ggf. Ansprüche auf passiven Schallschutz. An der Grenze des neuen Schutzgebiets darf ein äquivalenter Dauerschallpegel von 50 dB(A) nicht überschritten werden.
Die bisherigen Nachtflugbeschränkungen stammten aus dem Jahr 1991 und hatten in der Vergangenheit zu immer größeren Problemen, insbesondere bei der Abwicklung verspäteter Flüge, geführt. Dies bewog die FMG unter anderem, im September 1999 eine Änderung der Nachtflugregelung zu beantragen. Die häufigen Überschreitungen der genehmigten Obergrenze von insgesamt 38 Flugbewegungen pro Nacht waren auch Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bayer. Verwaltungsgerichtshof. Mit der zwischenzeitlich rechtskräftigen Entscheidung vom 18.04.2000 war der Freistaat Bayern verpflichtet worden, ab dem Sommerflugplan 2001 dafür zu sorgen, dass das Zahlenkontingent von 1991 auch eingehalten wird. Das Urteil schloss jedoch künftige Änderungen der Nachtflugregelung nicht aus.
Die Regierung hatte in diesem Verfahren den Bedarf an einer Ausweitung des Nachtflugbetriebs mit den Interessen der Bürger und Kommunen an Nachtruhe und Lärmschutz abzuwägen.
Mit der Neuregelung sollen die aktuellen Probleme bei der Abwicklung von Verspätungen gelöst werden. Außerdem soll dem Flughafen die Möglichkeit gegeben werden, die vorhandene Nachfrage nach zusätzlichen Flügen bis 24.00 Uhr bzw. ab 5.00 Uhr zumindest bis zu einer gewissen Grenze zu decken. Dabei war auch der Status als internationaler Verkehrsflughafen mit Drehkreuzfunktion zu berücksichtigen.
Die von der Regierung von Oberbayern neu angeordneten Maßnahmen zum Lärmschutz verhindern allerdings eine unbegrenzte Expansion des Luftverkehrs zu Lasten der Bevölkerung. Angesichts des bereits in großem Umfang gewährten passiven Schallschutzes und der zusätzlichen betrieblichen Beschränkungen gewährleistet die Neuregelung einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den öffentlichen Verkehrsinteressen und dem Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm.
München, 3. Dezember 2002
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
- Pressemitteilung -
BayVGH: Neue Nachtflugregelung für den Flughafen München hat Bestand
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat heute 37 Klagen von Gemeinden und Anwohnern gegen die Nachtflugregelung für den Flughafen München abgewiesen.
Zum Sachverhalt:
Die Regierung von Oberbayern (Luftamt Südbayern) hat am 23. März 2001 eine neue Nachtflugregelung für den Flughafen München erlassen. Hintergrund waren einerseits die Abnahme des Lärmpegels der Flugzeuge in den letzten beiden Jahrzehnten und andererseits der gestiegene Bedarf an Nachtflügen. Die frühere Begrenzung auf 38 Nachtflüge pro Nacht (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) wurde ersetzt durch ein Lärmkontingent (Lärmvolumen), das Bewegungszahl und Schallleistung der verkehrenden Flugzeuge miteinander verrechnet und leisere Flugzeuge dabei begünstigt. Eine absolute Höchstzahl an Bewegungen pro Nacht gibt es nicht mehr, nach den Berechnungen werden aber in der einzelnen Nacht ungefähr viermal mehr Flugzeuge starten und landen können als bisher.
Außer durch das Lärmkontingent werden die Flughafenanwohner durch das sog. Nachtschutzgebiet geschützt. Innerhalb dieses leicht ausgeweiteten Gebietes wird passiver Schallschutz, insbesondere durch Schallschutzfenster, auf Kosten des Flughafens gewährt. Die Grenzen des Gebiets sind so bestimmt, dass an ihnen ein durchschnittlicher Dauerschallpegel von 50 dB(A) nicht überschritten wird und durchschnittlich nicht mehr als sechs nächtliche überflüge mit einem Einzelpegel von 70 dB(A) und mehr auftreten. Die Kernzeit der Nacht (0.00 Uhr bis 5.00 Uhr) wird auch in Zukunft von Flügen weitgehend freigehalten.
Begründung der Entscheidungen:
Die Kläger hatten geltend gemacht, Lärmschutz in der Nacht müsse vorrangig durch Betriebseinschränkungen gewährt werden. Hinter geschlossenen Schallschutzfenstern fühle man sich eingesperrt. Daher sei zunächst der Verkehrsbedarf zu prüfen, der niedriger sei als von der Regierung angenommen.
Der BayVGH führt zur Begründung seiner Entscheidungen aus, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folge nicht dem Ansatz, dass Lärmschutz vorrangig durch Betriebseinschränkungen gewährleistet werden müsse. An diese Rechtsprechung sei der Verwaltungsgerichtshof letztlich gebunden. Das von der Regierung gewählte Schutzsystem sei daher insgesamt nicht zu beanstanden gewesen.
Auch die Einzelheiten des Systems seien nicht zu beanstanden. Das für den passiven Schutz maßgebliche Kriterium habe die Regierung um 5 dB(A) verschärft, was nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft erforderlich, aber auch ausreichend sei. Das System der Kriterien sei in sich stimmig und begünstige mit seinem Anreiz zum Einsatz leiserer Flugzeuge auch die Anwohner des Flughafens. Die neue Nachtflugregelung habe zwar nicht mehr die gleiche Regelungs- und Kontrollschärfe wie die frühere Regelung, weil nicht mehr auf die einzelne Nacht, sondern nur mehr auf den Jahresdurchschnitt abgestellt werde. Das sei aber letztlich sachgerecht; der Umfang der Nachtflüge könne sinnvoll nur langfristig gesteuert werden; die bisherige schärfere Regelung habe sich nicht bewährt.
Die Aussage im Regionalplan, es solle auf eine nachhaltige Verringerung der Lärmbelastung durch Flugbetrieb hingewirkt werden, stelle kein (zwingendes) "Ziel der Raumordnung und Landesplanung" dar, weil sie nicht hinreichend eindeutig sei. Es handele sich lediglich um einen "Grundsatz der Raumordnung und Landesplanung", der von der Behörde abzuwägen gewesen sei und im Wege einer gerechten Abwägung auch zurückgedrängt werden könne. Die Genehmigungsbehörde habe deshalb eine Abwägung treffen müssen zwischen diesem "Grundsatz der Raumordnung und Landesplanung" und dem - ebenfalls landesplanerisch abgesicherten - Belang, dem Verkehrsbedarf gerecht zu werden und die Verkehrsfunktion des Flughafens zu erhalten. Zwar habe das Gericht den Eindruck, dass eine Vermehrung der möglichen Nachtflüge um etwa das Vierfache in absehbarer Zeit vom Verkehrsbedarf nicht gefordert werde und dass eine maßvollere Erhöhung der Vorgabe des Regionalplans angemessener gewesen wäre. Darüber sei aber nicht abschließend zu entscheiden gewesen; denn betroffene Dritte könnten sich auf "Grundsätze der Raumordnung und Landesplanung" nicht berufen.
Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Die Kläger können Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht eingelegen.
(Urteile des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 3.12.2002, Az. 20 A 01.40019 u.a.)