Flugverbot für Onur Air wird zu diplomatischem Streit
Ein Streit um die Fluggesellschaft Onur Air hat am Freitag zu diplomatischen Spannungen zwischen Berlin und Ankara geführt. Aus Sicherheitsgründen hatten deutsche und niederländische Behörden der türkischen Chartergesellschaft ein komplettes Flugverbot für beide Länder ausgesprochen. Als Reaktion darauf verweigerten türkischen Behörden deutschen Ersatzmaschinen die Landung in der Türkei. Tausende von Touristen wären dadurch allein am Pfingstwochenende betroffen gewesen - laut Onur Air sogar 20.000. Erst nach massiven Protesten der Bundesregierung nahm Ankara das Verbot wieder zurück.
Auch Stolpe war eingeschaltet
"Ich kann bestätigen, dass es aufgehoben ist", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Freitagabend. Zu möglichen Auswirkungen auf das deutsch-türkische Verhältnis wollte er sich nicht äußern. Staatssekretär Klaus Scharioth habe bei seinem Amtskollegen in der Türkei gegen die Maßnahme protestiert. Auch Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) führte nach Angaben seines Sprechers intensive Gespräche mit der türkischen Seite.
Sollte Exempel statuiert werden?
Joachim Hunold, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen (ADL), kritisierte die Haltung der türkischen Flugbehörde scharf: "Der Zusammenhang scheint hier klar. Weil die deutschen Behörden ein Einflugverbot für Onur Air verhängt haben, wird an den deutschen Gästen nun ein Exempel statuiert."
"Ein beispielloser Vorgang"
Das Landeverbot für die Ersatzmaschinen, die festsitzende Urlauber aus der Türkei holen sollten, kam für die Reiseveranstalter "völlig unerwartet", sagte der Sprecher des Duisburger Reiseveranstalters Alltours, Carsten Deuster: "Das ist ein beispielloser Vorgang." Der Sprecher der Fluggesellschaft Air Berlin, Peter Hauptvogel, meinte: "Die Türkei nimmt deutsche Urlauber als Geisel."
Mängel in Amsterdam entdeckt
Die niederländische Luftfahrtbehörde hatte die Onur-Air-Maschinen zunächst für einen Monat stillgelegt, nachdem in der vergangenen Woche technische Problem an einem Flugzeug auf dem Amsterdamer Flughafen entdeckt worden waren. Das Luftfahrtbundesamt in Braunschweig hatte die Entscheidung für den deutschen Luftraum übernommen. Einzelheiten zu den entdeckten Mängeln nannten die Behörde nicht.
Gesellschaft wehrt sich juristisch
Onur Air hatte daraufhin am Freitag in Düsseldorf rechtliche Schritte gegen das Flugverbot eingeleitet. Ein Unternehmenssprecher kritisierte die Entscheidung als "willkürlich". "Mängel treten immer wieder auf, es sind aber niemals Mängel gewesen, die den Flugbetrieb gefährden", sagte Aybars Balabaner, Deutschland-Manager von Onur Air. Der Chef des Unternehmens, Cankut Bagana, sprach in Istanbul gar von einem gewollten Skandal. Wie bei jeder anderen Fluggesellschaft werde auch in der Türkei die Sicherheit von der türkischen Zivilluftfahrtbehörde "24 Stunden am Tag" kontrolliert.
Anwalt: "Ein wirtschaftlicher Kampf"
Die türkische Gesellschaft fliegt mit ihren 25 Maschinen 73 Flughäfen in Europa an und hatte nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 2,5 Millionen Fluggäste aus Westeuropa. In den Niederlanden fliegt nach Angaben des Unternehmens jeder zweite Pauschaltourist mit Onur Air. "Das sieht wie ein wirtschaftlicher Kampf aus", sagte der Anwalt der Fluggesellschaft.
Imageschaden für Türkei
Der Präsident des Deutschen Reisebüroverbandes, Klaus Laepple, befürchtet wegen des gesamten Vorgangs einen enormen Imageschaden für die Türkei. Nach Angaben des Verbandes werden in diesem Jahr insgesamt rund vier Millionen deutsche Urlauber in der Türkei erwartet.