Dieses Vorgehen kann man nicht mehr verstehen.
Es ist doch relativ nachvollziehbar, beim aktuellen Flottensirtaki vor allem die Flugzeuge zu taufen, die voraussichtlich lange in der jeweiligen Flotte verbleiben. Also eher Neuflugzeuge als Opportunitäten oder Gnadenbrötler.
Wildes Umkleben von Namen durch wilde AOC-Politik führen die Praxis, der ein gewisser Essentialismus des Individuums eignet, ad absurdum. Der A350
München ist genauso schlüssig wie eine 787
Berlin. Nachvollziehbar ist aber, manche Namen trotz aller Volten der Hersteller in der Flotte sichtbar zu halten. Die Lieferschwierigkeiten 787 und 777 sind ja vor allem begründet in slipping standards und der Fehleinschätzung Boeings, sich über dem Gesetz zu sehen. Wer hoch fliegt, fällt tief.
Ich weiß von zahlreichen Fällen in jüngerer Vergangenheit, in denen Vertreter der Städte überrascht waren, als sie von der Neuvergabe erfahren haben.
Nachvollziehbar, wo mal ein OB 'rauskam' um mit einem Vorstand und Damen einen Flieger pathosvoll auf die Luftstraßen der Welt zu entsenden, wenn der dann stillschweigend in der
Ko Verfügungsmasse untergeht. Als der Name Zürich für den A380 verlautbart wurde, wurde er mit merkbarem Schweigen in schweizer Foren quittiert, bevor erste Äußerungen dazu eintrafen, während der analoge Vorgang in Wien sofort offenen Zorn (aber auch Zuspruch) hervorrief. Angesichts der Übernahmen wurde dies als dt. Landnahme interpretiert.
Da Lufthansa die Verankerung in der Fläche (abseits werblich-strategischer Akte an ihren Standorten) schon lange abschätzig bewertet, wäre ein Niedergang des Taufwesens keine Überraschung. Übrigens gibt es auch rechtliche Hürden für die
Nutzung von Toponymen, denn die Nutzung von Wappen ist zumeist an die Genehmigung durch die wappenführende Entität geknüpft. Spätestens seit der mehrheitlichen Privatisierung der Lufthansa versteht sich das Zeigen hoheitlicher Symbole abseits der vorgeschriebenen Bundesflagge in geschäftlichen Zusammenhängen nicht mehr fraglos.
In diesem Zusammenhang stieß ich kürzlich auf den interessanten Fall der D-ABXL Neuss, die am 4.12.86 noch als Silberling geliefert und zu diesem Zeitpunkt mit dem für die Flotte neuen Namen Neuss gelistet wurde – also Ersttaufe. Ich konnte bis heute nicht klären, ob diese Maschine jemals mit dem Neußer Stadtwappen gesichtet wurde, denn alle auffindbaren Fotos aus ihrer Anfangszeit (iirc immerhin rund vier Jahre) sind blanko, keine Spur von Neuss. Erst im Design von 1988 taucht der Name Neuss auf ihr auf, bekanntlich ohne Wappen. In seinem Gesamtformat ist das Neußer Wappen 'quer', nicht 'hoch', da der von vielen Wappen bekannte Wappenschild von zwei Löwen gehalten wird und er drittens eine Krone trägt. Meinem Eindruck nach legt die Stadt Neuss erheblichen Wert auf diese drei Elemente, was das Wappen (das ja herausstechen will) etwas 'sperrig' macht, vielleicht zu sperrig für eine Bordwand. Und man muß sich ja wirklich vor Augen halten – kein Vorstand der Lufthansa, anders als das Nüsser Wappenkreuz, wurde je von einem Kaiser bekrönt. Was uns zurück zu Söder führt.
Daß der MP die kleinste München seit 1982 taufen mußte, eine geschrumpfte München, ist die sichtbarste Quittung für den Fortfall des Verkehrsgebietes Asien, nachdem die gefühlten Herren der Welt (wir) die Seuche nicht in den Griff kriegen. Eine Second-hand-München, Franz Josef Strauß dreht sich doch im Grabe herum. Leute mit Sinn für's Protokoll hätten für diesen Job den OB disponiert…