Servus Cirrus,
ich denke auch dass sich die Verstaatlichung erstmal beruhigend auf die ganze Situation um Aerolíneas Argentinas auswirkt. :yes:
In den nächsten 60 Tagen soll ja jetzt der offizielle Kaufpreis festgelegt werden, hab hier schon mal was von 200 Mio USD gehört.
Für alle die mit dem Vorgängen noch nicht so vertraut sind:
AR (zusammen mit Austral) ist zur Zeit noch zu ca 95% in Besitz der Gruppe Marsans aus Spanien (Air Comet, Reisebüros, u.a.). Die Fluggesellschaft macht im Moment jeden Monat ca. 30 Mio USD Miese und hat 890 Mio USD Schulden angehäuft.
Auf vielen Innlandstrecken hat man ein Monopol, das Kerosin ist vom Staat subventioniert - dafür schreibt dieser auch die Ticketpreise vor.
Ein anderer wichtiger Faktor sind die verschiedenen Gewerkschaftsgruppen, die es in den letzten Jahren immer wieder geschafft haben die Firma zu destabilisieren, und den Betrieb im Schnitt alle drei Wochen ohne Vorwarnung für mindestens ein paar Stunden lahmlegen. :help:
Soweit steht es in jeder Zeitung. Was man aber hier auch mitbekommt: Die Regierung hat einen extrem guten (und teuren
) Draht zu den Gewerkschaftsfunktionären. Ein Anruf vom Minister reicht und in EZE oder AEP fangen sie zum Streiken an.
Und das ist auch genau der Vorwurf der Spanier. Man fühlt sich praktisch aus dem Land gejagt, in dem die Regierung über die Gewerkschaften nur lang genug Druck ausgeübt hat, bis einem gar nichts anderes mehr übrig blieb als einem sofortigen Verkauf zuzustimmen. Es soll der Satz gefallen sein: "Lasst die Schlüssel da und geht, das ist alles was wir wollen.":think:
Im Mai noch ging es ja um die "maximale Argentinisierung" der Firma, mit einem Teilverkauf an den Staat und einen anderen Teil an einen Señor Lopez (Besitzer von Buquebus, Multimillionär und Freund der Kirchners). Inzwischen ist man ja aber bei einer Vollverstaatlichung angelangt, erst später sollen dann Teile wieder privatisiert werden.
Jetzt in dieser Übergangsphase ist halt alles noch recht chaotisch. Vor zwei Tagen wurde angeblich während einer Gerichtsanhörung per SMS geklärt, wie der Sprit einer in Rom zu betankenden AR-Maschine zu bezahlen sei. :help:Inzwischen springt schon der Staat ein, auch der Juni Lohn wurde den Mitarbeitern inzwischen aus der Staatskasse ausgezahlt.
Für uns Europäer hört sich das alles natürlich etwas nach Mittelalter an, und natürlich ist nach unserer Erfahrung gerade in Deutschland eine Fluggesellschaft in privaten Händen weit besser aufgehoben.
Aber hier ist die Situation halt auch eine andere. Man hat hier halt auch einfach keine guten Erfahrungen mit Privatisierungen an Europäer gemacht, insofern kann ich die Argentinier jetzt schon verstehen.
Viele Strecken in diesem dünn besiedelten Land sind wohl ohne Subventionen gar nicht rentabel zu machen. Und wenn man dann schon so viel Geld vom Staat zuschiesst und der Laden läuft trotzdem nicht, warum sollte man es dann nicht lieber gleich wieder selbst erledigen?:think:
Deswegen meine Einschätzung: Jetzt erstmal wird etwas Ruhe einkehren. Wenn es dann die Regierung schafft sich mit den Gewerkschaften zusammen auf einen geeigneten lokalen Investor zu einigen, der von allen Seiten akzeptiert wird - dann könnten auch schon mittelfristig bald wieder bessere Zeiten für Aerolíneas Argentinas anstehen. :thbup: