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No comment zu Ude....
Aktuelles - Artikel vom 23.03.2006
München - Ude will nicht schweben
Der Oberbürgermeister heizt die Debatte um den Transrapid an
Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) will auch weiterhin nicht magnetschweben: Der vielleicht berühmteste Gegner der geplanten Magnetschwebebahn zwischen Münchens Hauptbahnhof und dem Flughafen hat in dieser Woche eine eigene Alternative zum Transrapid vorgestellt – eine Maex genannte Express-S-Bahn (München- Airport-Express). Sie soll nur an wenigen Bahnhöfen halten und mit 140 Kilometern pro Stunde Richtung Airport fahren.
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Für Bayerns Verkehrsminister Erwin Huber (CSU) sind die Pläne dagegen Schnee von gestern: „Spät dran ist der OB.“ Bereits vor vier Jahren habe man darüber diskutiert, eine Express-S-Bahn anstelle des Transrapids zu bauen. Doch schon damals habe sich der Transrapid als beste Lösung entpuppt, „da er die schnellste Verbindung ermöglicht und den größten Zuwachs an Fahrgästen erwarten lässt.“
Ude sieht den Maex dagegen als leistungsfähige Alternative zum Transrapid. „Er verursacht deutlich weniger Lärm, weil er sich in das bestehende S-Bahn-System einfügt. Und es entsteht keine zusätzliche Bahn-Trasse wie beim Bau einer Magnetschwebebahn – das kommt einer geringeren Belastung für die Anwohner gleich.“ Die beschleunigte S-Bahn würde rund 25 Minuten vom Hauptbahnhof zum Flughafen brauchen – statt bislang rund 40 Minuten, wie die vom Stadtrat beauftragten Verkehrsexperten, darunter Prof. Dr. Jürgen Siegmann von der TU Berlin, herausgefunden hätten. Im 15-Minuten-Takt würde der Maex auf den Schienen der Flughafenlinie S 8 fahren, die dazu allerdings an manchen Stellen ausgebaut werden müsste. Und weil auch die „normale“ S 8 im 15-Minuten-Takt fahren würde, gäbe es so alle 7,5 Minuten eine S-Bahn über den Münchner Osten gen Flughafen. Im Gegensatz zur S 8 allerdings würde der Maex auf dem Weg nur drei bis vier Mal halten: Am Marienhof, am Leuchtenbergring, in Unterföhring und eventuell in Ismaning. „Was mich besonders freut: Vom Rathaus aus würde ich nur 22 Minuten zum Flughafen brauchen“, rechnet Ude vor. „Mit dem Transrapid dagegen bräuchte ich 23 Minuten: Ich müsste ja erst zum Hauptbahnhof fahren, um einzusteigen.“
Für die Bayerische Magnetbahnvorbereitungsgesellschaft ist das kein stichhaltiges Argument: „Es geht bei den Planungen nicht darum, dass Herr Ude schnellstmöglicht zum Flughafen kommt“, so ein Transrapid-Sprecher. „Es geht darum, die beste Anbindung für den Großteil der 28 Millionen Flughafengäste zu finden.“ Denn 80 Prozent der Fluggäste würden gar nicht aus dem Großraum München stammen: Sie reisen, wenn nicht mit dem Auto, dann mit der Bahn an: und kommen damit zunächst im Hauptbahnhof an. „Sie könnten also gleich in den Transrapid steigen, der sie im 10-Minuten-Takt innerhalb von zehn Minuten zum Flughafen fährt – und nicht in 25 Minuten.“
Neben dem 7,5-Minuten-Takt wirft OB Ude auch die Kosten in die Wagschale. Die Express-S-Bahn Maex veranschlagt er auf 625 Millionen Euro, das seien nur rund 40 Prozent der 1,6 Milliarden Euro, die der Bau der Magnetschwebebahn kosten würde. Egal ob S-Bahn und Transrapid: Zahlen sollen der Freistaat und die Deutsche Bahn – beides große Freunde der prestigeträchtigen Magnetschwebebahn. Ob sie also bereit wären, eine schnöde S-Bahn zu finanzieren, ist fraglich. „Natürlich wird Bahnchef Mehdorn seine Meinung bezüglich des Transrapids nicht ändern“, schätzt Ude. „Aber er muss die Diskussion einer Alternative aushalten. Und wenn unsere Alternative Fürsprecher in Bund und Freistaat findet, wovon ich überzeugt bin – dann kann sich die Bahn meines Erachtens nach, der Express-S-Bahn nicht weiter verschließen.“
Bei den CSU-Parlamentariern für den Münchner Norden bröckelt die Transrapid-Zustimmung jedenfalls: Der Bundestagsabgeordnete Johannes Singhammer, der Landtagsabgeordnete Joachim Unterländer und die Stadträtin Mechthilde Wittmann wollen der Magnetschwebebahn nur zustimmen, wenn die Trasse im gesamten Stadtgebiet unterirdisch verläuft. Geschätzte Kosten für die zusätzlichen Tunnel: 200 Millionen Euro. „Das sind wir den Anwohnern schuldig – sonst ist der Lärm zu gewaltig“, sagt Unterländer gegenüber dem SamstagsBlatt. „Wenn die Untertunnelung nicht finanziert werden kann, werde ich gegen den Transrapid stimmen.“
Doch ob Ude auch auf Regierungsseite Fürsprecher findet, ist fraglich. Denn Bayerns Verkehrsminister Huber verweist auf die besondere Finanzierungsmöglichkeit des Transrapids: „Für den Transrapid steht als Technologie-Sonderprojekt ein Sondertopf der Bundesregierung zur Verfügung.“ Die Express-S-Bahn dagegen müsse aus dem Topf für allgemeine Nahverkehrsmittel finanziert werden und würde die Realisierung anderer Nahverkehrsprojekte in ganz Bayern beeinträchtigen.
Doch nicht nur um Fahrtzeiten und Baukosten geht es beim Streit um den Transrapid, wie die Bayerische Magnetbahnvorbereitungsgesellschaft ergänzt: „Wenn wir nicht endlich eine Magnetschwebebahn in Deutschland vorzeigen, sind wir bald raus aus dem Geschäft mit der Transrapid-Technik: Die Chinesen kopieren uns ja bekanntermaßen bereits. Wenn wir unsere Technik verkaufen wollen, sind wir nur glaubwürdig, wenn wir sie auch im eigenen Land nutzen.“ Das räumt auch Ude ein. Bloß: „Ob die 37 Kilometer durch teils dichtbesiedeltes Terrain als ‚Referenzstrecke’ für den Hochgeschwindigkeitszug herhalten muss, ist fraglich: Warum verbindet er keine zwei Großstädte?“, fragt er. „Dass die Strecke zu kurz für den Transrapid sei, ist kein gutes Gegenargument“, so der Sprecher der Bayerischen
Magnetbahnvorbereitungsgesellschaft „Warum soll ein Zug schlecht sein, nur, weil er schnell ist? Ist doch prima, wenn er die Strecke zum Flughafen in zehn Minuten fährt. Er wird dabei weite Strecken in seiner Höchstgeschwindigkeit fahren können, denn er erreicht innerhalb von 180 Sekunden 350 Kilometer pro Stunde.“
„Wohin der Zug rollt“, ist derzeit also noch völlig offen. Klar ist nur, dass sich der Streit zwischen der Bayerischen Staatsregierung und der Stadt weiter zuspitzt. Verkehrsminister Huber will die Express-S-Bahn zwar prüfen, gleichzeitig fordert er den Oberbürgermeister aber zur Ruhe auf: „Ude sollte jetzt nicht länger nachkarten und lieber die großen Chancen für München und den Industriestandort Deutschland sehen, die der Transrapid bietet.“ Von Nadine Nöhmaier
Zug um Zug: So geht’s weiter
Am 5. April stellt Ude den Maex in der Vollversammlung des Stadtrats vor.
Von 27. April bis 26. Mai werden die Planfeststellungsunterlagen für den Transrapid im Stadtmuseum ausgestellt. Alle Bürger können die Pläne einsehen und gegebenenfalls Einwendungen erheben. Ude will parallel dazu in der Stadt, im Freistaat und in Berlin für seine Konkurrenz-Idee werben.
Am 5. Mai findet eine außerordentliche Bürgerversammlung zum Transrapid-Projekt für die betroffenen Bezirksausschüsse im Löwenbräukeller statt. Ude: „Das dürfte die größte Bürgerversammlung in der Stadtgeschichte werden. Ich bin überzeugt, dass 90 Prozent der Bürger gegen den Transrapid sind.“
Gegen Ende des Jahres könnte voraussichtlich die Entscheidung pro und kontra Transrapid fallen.
Express-S-Bahn Maex
Fahrstrecke: 41 Kilometer Fahrzeit: 25 Minuten – im 15-Minuten-Takt; Fahrpreis: 8,80 Euro; Stationen: Hauptbahnhof, Marienplatz, Leuchtenbergring, Unterföhring, eventuell auch: Ismaning; Tunnel: 11,3 Kilometer; Spitzengeschwindigkeit: 160 km/h; Kapazität: 544 bis 1632 Plätze; Kosten: mindestens 625 Millionen Euro.
Magnetschwebebahn Transrapid
Fahrstrecke: 37,4 Kilometer; Fahrzeit: 10 Minuten – im 10-Minuten-Takt Fahrpreis: voraussichtlich 14,40 Euro; Stationen: Hauptbahnhof, Flughafen; Tunnel: 8,7 Kilometer; Spitzengeschwindigkeit: 350 km/h Kapazität: 400 Plätze, Kosten: mindestens 1,6 Milliarden Euro.