Dazu mal eine Frage. Ist es nicht Teil der stall recovery in niedriger Flughöhe die Flaps eine Stufe ein zu fahren? Natürlich neben der Erhöhung der Leistung.
Kaum vorstellbar. Eine gestallte Fläche bekommst Du nur durch Reduzieren des Angle-of-Attack (Alpha) unter den kritischen Wert wieder ordentlich umströmt. Bei zunächst gegebener Geschwindikeit die Klappen einzufahren, würde das Alpha momentan sogar erhöhen, den Höhenverlust vergrößern und die endgültige Recovery erschweren.
Erschütternd und erschreckend ist für mich allerdings die 'Fehlleistung' der Piloten trotzdem. Nachdem der Geschwindigkeit schon nicht genügend Augenmerk geschenkt wurde (und das auch noch bei icing cinditions), dann aber auch noch bei einer Maschine, die stallt, am Horn zu ziehen und nicht zu drücken und dann noch der eklatante Fehler der Pilotin die Flaps einzufahren, grenzt schon fast an Selbstmord.
Bestimmt hast Du auch kurz nach dem Unfall die von @airdinger verlinkte NASA-Doku zum 'Tailplane-Stall' angesehen (siehe
hier). Für einen solchen ist das genau die richtige Technik (Flaps up, Ziehen, etc.). Leider neigt die Q400 nicht zu Tailplane-Stalls, wohl aber das bis vor kurzem bei Colgan-Air geflogene Muster (Saab340?).
Hier könnte es sich um einen Rückfall in alte habit-patterns handeln. Erschwerend kommt hinzu, dass es Störungen gibt, die sofortiges Handeln erfordern. Hat man genügend Luft unter dem Hintern, kann der CM2 den CM1 noch in aller Ruhe auf eine (seiner Meinung nach) Fehleinschätzung hinweisen, bzw. das ganze kurz CRM-mässig 'ausdiskutieren'. Bei einem Stall in Bodennähe ist dafür leider keine Zeit, wenn hier einer von beidem massiv 'auf dem falschen Dampfer' ist, dann ist das problematisch.
Noch ein Wort zu den amerikanischen Verhältnissen: Bevor man dort einen ATPL ausgestellt bekommt, muss man mit seinem CPL 1.500 Flugstunden auf der Uhr haben, diese erwirbt man als Fluglehrer oder als Regio-Pilot. In beiden Feldern sind die Bedingungen mies. Dafür haben die 'Majors' einen Pool sehr erfahrener Bewerber für die Stellen auf den 'großen' Fliegern.
In Europa kann man mit 250 Stunden Gesamtflugzeit rechts auf einer B737/A320 Platz nehmen ohne den Umweg über die Regionellen zu machen. Das ist für den Anfänger auch nicht gerade das Gelbe vom Ei. Von den Regios kommst Du nur mit Glück wieder weg, trotzdem sind die Arbeitsbedingungen dort nicht wirklich viel besser als die og. für Colgan Air. Einstiegsgehälter als Co in der Preisklasse 20 k€ sind da keine Ausnahme und in der Exec-Fliegerei sieht es noch viel besch....eidener aus.
Sag mir bitte, wie man davon einen Kredit über +65 k€ zurückzahlen soll und sich und demnächst seiner Familie ein halbwegs würdiges Leben bezahlen ohne irgendweine Art von Nebenjob. Auch das 'commuten' oder auf neu-deutsch 'shutteln' ist in D ebenso weit verbreitet, auch weil es sich halt niemand leisten kann, der ohnehin schon jeden Pfennig umdrehen muss, noch eine Zweit-Wohnung in MUC, FRA o.ä. zu nehmen. Dass da stellenweise abartige Zeiten des Auf-den-Beinen-Seins zusammenkommen ist ein Fakt.
In der Kabine läuft's genauso. Die Mäuse bekommen nur noch einen Tausender netto raus, sollen davon in MUC wohnen und leben, ein Auto haben usw. Dass dann die Hälfte nebenher arbeiten muss, wird so gut es geht ignoriert. Im Briefing für meinen letzten Nachtflug sassen 2 (von 5), die einen langen Tag im Laden oder in der Uni hinter sich hatten. Eigentlich müsste man die gleich wieder heimschicken...
Gruß MAX