...steil ist manchmal nicht steil genug....
Als ich am 18. Mai 1992, also einen Tag nach der Eröffnung des neuen Flughafens zu einer Dienstreise aufbrach und den Flugplan studierte, wurde mir klar, dass das Flugangebot nicht im Ansatz mit dem Potenzial der neuen Verkehrsanlage Schritt gehalten hatte. Das Langstreckenangebot beschränkte sich auf eine wöchentliche Verbindung nach Denpasar und eine handvoll Flüge nach Nordamerika, von denen einige sogar als "equipment change enroute - Flüge" (eine vornehme Umschreibung für Flüge mit einer Flugnummer, die mindestens ein Umsteigen erforderlich machen), wie beispielsweise die B727-200-Flüge der UA nach LHR mit Anschluss nach USA , durchgeführt wurden.
Betrachtet man also die Ausgangsposition und vergleicht diese mit dem heutigen Angebot in München, dann wird schnell klar, dass wir auf hohem Niveau jammern. Derzeit gibt weder die wirtschaftliche Verfassung Europas im speziellen noch die Weltwirtschaftslage im allgemeinen viel Raum für große Neuerungen im Langstreckenmarkt Münchens.
Tatsache ist doch, dass das Airline-Geschäft zu den härtesten Angelegenheiten gehört, die es in der Wirtschaftswelt zu schultern gibt. Kaum eine andere Branche ist so extrem davon abhängig, wie sich geopolitische und wirtschaftliche Verhältnisse entwickeln. Obendrein ist die Fliegerei bislang alternativlos von den Entwicklungen an den Rohstoffmärkten betroffen. Dass die Fliegerei darüberhinaus auf nochmals längere Sicht sogar von rauchenden Erdlöchern in die Knie zu zwingen ist, kommt noch erschwerend dazu.
Klar, wir wollen mit unseren Kindern Flugzeuge schauen gehen und den Kleinen erzählen, dass die Flieger aus allen Ecken und Enden der Welt bei uns im beschaulichen Bayern einschweben. Dabei wollen wir sowohl seltene Exoten wie weltbekannte Airlines aus aller Herren Länder vor die Linse kriegen und unseren "Spotterhunger" gestillt sehen.
Die Verantwortlichen der Fluggesellschaften würden sich angesichts unserer Probleme vor Lachen auf die Schenkel klopfen, wenn es nicht so ernst wäre. Sie sind darauf angewiesen, Geld zu machen und wirtschaftlich erfolgreich sind nur die Flieger, die vorher mindestens kostendeckend gefüllt wurden. Und bei der Planung von Zielen werden halt alle Register gezogen, die diesem Ziel gerecht werden.
Wenn ich ein Airline-Verantwortlicher z.B. im südlichen chinesischen Sichuan wäre und nach neuen Märkten für mein Unternehmen in Europa suchen würde, dann würde ich eben auch einen Airport auswählen, der mir die hochbezahlte Business und vielleicht sogar die First class mit Vollzahlern füllt, einem Platz also, der sowohl über einen wohlhabenden Quellmarkt stattlicher Größe als auch über ein Höchstmaß an zeitlich opportunen und breitgefächerten Anschlussverbindungen bietet. Und was dies anbelangt, ist halt FRA aufgrund seiner zentralen Lage, der perfekten Schienenanbindung und der inzwischen wieder gut verfügbaren Slots der Airport der Wahl.
Sorry, aber an die romantischen Bedürfnisse von Zerstreuung suchenden Spottern denken Airline-Strategen sicher als letztes. Ich hätte es auch gerne anders, ich fahre auch gerne zum Spotten nach München, aber wir werden wohl oder übel auf mittelfristige Zeit nicht mehr als das derzeit gebotene zu Gesicht bekommen.